Bau eines hybriden Solarsystems für Rivonia in Sambia

GRIPS Energy entwickelt CO₂-freie Energieversorgungssysteme und bietet Kunden passende Finanzierungslösungen mit an.

Das Berliner Startup GRIPS Energy bietet kleinen und mittleren Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern vorfinanzierte Lösungen zur Nutzung erneuerbarer Energien. In Sambia hat Grips Energy für einen lokalen Lebensmittelhersteller eine Solaranlage installiert. Timon Herzog erklärt im Interview das Geschäftsmodell von GRIPS und gibt Einblicke in die Arbeit des Unternehmens auf dem afrikanischen Kontinent.

Finanzierung inklusive - neues Geschäftsmodell für Afrika

Herr Herzog, was ist das Geschäftsmodell von GRIPS Energy?

Timon Herzog, Geschäftsführer von GRIPS Energy Grips Energy GmbH Timon Herzog, Geschäftsführer von GRIPS Energy

GRIPS ist gleichzeitig Investor und Betreiber netzunabhängiger CO2-freier Energieversorgungssysteme. Dazu entwickeln wir herstellerunabhängig die geeignete technische Lösung und stellen die Finanzierung. Denn häufig fehlt es an geeigneten Finanzierungsinstrumenten, um Projekte im Bereich erneuerbare Energien umzusetzen.

Seit 2016 ermöglichen wir es Firmen in Entwicklungs- und Schwellenländern, erneuerbare Energien auf Basis von privatwirtschaftlicher Finanzierung zu nutzen. Zu den möglichen Vertragsformen für unsere Kunden gehört unter anderem das Leasing der Anlage. Dafür hat sich auch unser Kunde in Sambia entschieden. GRIPS ist Teil der econnext-Gruppe, die Investitionen von sogenannten Impact Investoren bündelt. Dabei geht es darum, Geschäftsmodelle zu finanzieren, die neben der finanziellen Rendite zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele beitragen.  

Wie sind Sie mit Ihrem sambischen Kunden Rivonia in Kontakt gekommen?

Kurz nach unserer Unternehmensgründung haben wir an einer Geschäftsreise der Auslandshandelskammer (AHK) Südliches Afrika nach Sambia teilgenommen. Ein lokaler Mitarbeiter der Kammer hat uns auf den potenziellen Kunden aufmerksam gemacht und ist gleich mit hingefahren. Bis zum Vertragsabschluss brauchte es dann allerdings etwas Geduld, das hat rund ein Jahr gedauert. Die Verträge für solche Komplettlösungen sind natürlich komplexer als für reine Lieferungen. 

Nahrungsmittelfabrikant Rivonia in Sambia nutzt Solarstrom

Was macht Rivonia? Welche Stellung hat es auf dem sambischen Markt?

Rivonia ist ein Hersteller von Lebensmitteln, ein lokales mittelständisches Unternehmen mit circa 60 Mitarbeitern. Aus Obst und Gemüse, das vor Ort wächst, machen sie zum Beispiel Marmeladen, Chutneys, Barbecue-Soßen oder Ketchup. In Sambia ist Rivonia in diesem Segment so etwas wie ein "national champion" und fehlt in keinem Supermarkt. Export findet bisher allerdings noch nicht statt, auch nicht nach Südafrika.

Warum braucht das Unternehmen eine Solaranlage?

Sambia hatte in den letzten Jahren immer wieder mit Stromabschaltungen, dem sogenannten "load shedding", zu kämpfen. Die Fabrik von Rivonia ist zwar an das Elektrizitätsnetz angeschlossen, aber über lange Phasen gab es täglich für sechs bis sieben Stunden keinen Strom. Abhilfe schaffen dann Dieselgeneratoren. Deren Betrieb über längere Zeiträume ist aber eigentlich zu teuer. Oft standen die Produktionsbänder bei Stromausfall daher still – trotz voller Auftragsbücher. Mit der Solaranlage verfügt Rivonia nun über genug günstigen wie grünen Strom, um die Fabrik komplett netzunabhängig zu betreiben.

Hybrides System schafft Flexibilität in der Stromversorgung

Wodurch zeichnet sich das Hybrid-System aus?

Wesentlich ist: Die Anlage ist netzparallel. Die Stromversorgung kann aus dem Netz kommen, vom Dieselgenerator oder aus der Solaranlage. Im Normalfall produziert die Solaranlage genug Strom für den Bedarf, nur während rund 20 Tagen im Jahr in der Regenzeit ist die Wolkendecke zu dicht. Die Umschaltung zwischen den Stromquellen kann automatisch erfolgen. Hier wollte der Kunde aber lieber eine manuelle Lösung. Generell ist uns eine möglichst einfache und nachvollziehbare Bedienung wichtig.

Woher stammt die Technologie der Solaranlagen? Wer sind Ihre Partner?

GRIPS Energy ist Bauherr und Eigentümer der Solaranlage. Wir entwerfen die geeignete technische Lösung und beauftragen dann einen lokalen Generalunternehmer mit der Ausführung. Dieser kauft in der Regel auch die von uns spezifizierten Komponenten ein. Hierzu gehörten bei dem Projekt in Sambia die Photovoltaik-Module von Canadian Solar Modules, Wechselrichter von SMA und das Lithium-Ionen-Batterie-System von Qinous (mittlerweile übernommen von Rolls-Royce/MTU).

Welche anderen Lösungen bieten Sie (in Afrika) an?

Hybrid-Systeme sind mit verschiedenen Technologien für die Erzeugung und Speicherung möglich. Grundsätzlich suchen wir nach der Lösung, die für das jeweilige Projekt die richtige ist. Dabei gehen wir zunächst technologieneutral vor. Es kommt dann auf die lokalen Windprofile, die Sonneneinstrahlung, zur Verfügung stehende Flächen wie Dächer etc. an. Auch die Finanzierung richten wir an den Bedürfnissen unserer Kunden aus: Diese kann entweder als Leasing erfolgen– wie bei Rivonia – oder zum Beispiel auch durch Bezahlung des Stroms nach Kilowattstunden (Power Purchase Agreement; PPA).

Sambia ist ein Markt mit Potenzial

Wie schätzen Sie das Marktpotenzial in Sambia ein?

Wir sind in mehreren Ländern in Afrika aktiv. Insgesamt sehen wir ein sehr gutes Marktpotenzial. Unser Ziel ist der Aufbau eines afrikanischen Portfolios, das die Risiken verschiedener Länder ausgleicht. Sambia steht bisher eher mittelprächtig da. Das liegt vor allem am Strompreis, der künstlich niedrig gehalten wird und damit eine kostendeckende Produktion für den Markt erschwert. Mit der neuen Regierung, die im August 2021 gewählt wurde, steigt die Hoffnung auf eine Reform des Strommarktes. Einige interessante Projekte sind auf jeden Fall in der Pipeline.

Spielt Konkurrenz durch Unternehmen aus China eine Rolle?

Diese spielt bisher keine Rolle, da es für unser Geschäftsmodell in Sambia noch keine chinesischen Anbieter gibt. Das liegt vor allem an den Rahmenbedingungen. In Ländern, in denen die Marktbedingungen für erneuerbare Energien besser sind, sind in Afrika schnell auch internationale Anbieter präsent, sei es aus Asien oder Europa.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit sambischen Partnern?

Die Zusammenarbeit mit unseren sambischen Partnern ist super. Wir haben nur gute Erfahrungen gemacht. Mit den Bauleistungen waren wir sehr zufrieden, auch die technische Wartung klappt. Der Kunde hat die Leasingraten bisher immer pünktlich bezahlt. Er wird von uns natürlich auch gut unterstützt. Nach drei Jahren reibungslosem Betrieb hat Rivonia jetzt angefragt, ob die Anlage erweitert werden kann, um eine neue Flaschenabfüllanlage mit Strom zu versorgen.

Weiterführende Informationen

Das Interview führte Dr. Marcus Knupp von Germany Trade & Invest im August 2021. 

Erfahrungsberichte von Unternehmen aus dem Energiesektor in Afrika

Für Afrika-Kenner: Investieren in Südsudan

Südsudan bietet kein einfaches Geschäftsumfeld. Dennoch sieht Charlie Tryon von der Investmentfirma Maris viel Potenzial in der Forstwirtschaft und für Kaffeeanbau.

Im Aufbruch: Senegal bleibt zuverlässiger Wirtschaftspartner

Senegal wählte im März einen neuen Präsidenten. Der deutsche Bundestagsabgeordnete Dr. Diaby spricht über den Wandel und die deutsch-senegalesischen Wirtschaftsbeziehungen.

Ausbaufähig: Rolle der deutschen Wirtschaft im südlichen Afrika

Matthias Boddenberg leitete 23 Jahre die AHK Südliches Afrika. Er betont den Erfolg der dualen Berufsausbildung, sieht aber auch Defizite im Selbstmarketing deutscher Firmen.

Allianz: Deutsche Solartechnik für kenianische Blumenfarmen

Das Projektentwicklungsprogramm (PEP) der Exportinitiative Energie bringt deutsche Solaranbieter mit afrikanischen Unternehmen zusammen - so auch bei einer Blumenfarm in Kenia.

Verkehr auf grün: Deutsche Software für Elektrobusse in Afrika

Intelligentes Lademanagement für die erste Elektrobusflotte Afrikas - das Softwareunternehmen CarMedialab berichtet von seinen Erfahrungen beim Markteintritt.

Saubere Sache: Waschmaschinen allein reichen in Nigeria nicht

Hochwertige Waschmaschinen sind weltweit gefragt, doch in Nigeria ist schmutziges Wasser ein Problem. Mustapha Olorunnimbe, Mieles Vertriebspartner in Lagos, überzeugt trotzdem.

Grüne Energie: Marokko als Wasserstoff-Pionier und Afrika-Sprungbrett

Marokkos Wachstum in Wind- und Solarenergie sowie grünem Wasserstoff eröffnet vielfältige Geschäftschancen. Auch in Westafrika sind marokkanische Unternehmen starke Partner.

Recycling: Deutsche Technologie für Südafrikas Kreislaufwirtschaft

Südafrika setzt auf Kreislaufwirtschaft, um knappe Ressourcen zu sparen. Branchenexperte Rishel Dharmapall identifiziert Geschäftschancen für die deutsche Abfallwirtschaft.

Südafrika: Solarunternehmen profitieren von der Stromkrise

In Südafrika stößt die Energiekrise den Solarmarkt an. Dinesh van der Haar von TAGEX Energy berichtet von neuen Chancen, sieht aber auch Hindernisse für den Bau von Solaranlagen.

Richtige Sprache: Ingenieurberatung für Bauprojekte in Westafrika

Wie sich eine deutschsprachige Ingenieurberatung in westafrikanischen Märkten behaupten kann, erläutert Fred Wendt von ILF Consulting Engineers im Interview.

Umschalten: Klimafreundlicher Ausbau der Stromnetze in Afrika

Dilo bietet effizientes Gas-Handling für Schalterhersteller und Energieversorger. Die Geräte des deutschen Unternehmens kommen auch beim Ausbau der Stromnetze in Afrika gut an.

Solarindustrie: Mehr Fachkräfte für einen wachsenden Markt

Die GREEN Solar Academy qualifiziert seit 10 Jahren Fachpersonal für die Solarwirtschaft, um neue Märkte in Afrika zu erschließen.