Afrika bietet großes Potenzial für deutsche Unternehmen. Trotz aller Herausforderungen könnte der Kontinent zur größten Wachstumsregion der nächsten Jahrzehnte werden. Pluspunkte sind: Die hohe Nachfrage nach Infrastruktur, viel Dynamik in der Digitalisierung und eine junge, konsumfreudige Mittelschicht. 

Junge Frau formt mit ihren Händen einen Rahmen für die Aussicht. Im Hintergrund die Skyline von Nairobi, Kenia. GettyImages/Buena Vista Images Junge Frau formt mit ihren Händen einen Rahmen für die Aussicht. Im Hintergrund die Skyline von Nairobi, Kenia.

Vor der Corona-Pandemie war das Wachstum in vielen Ländern Afrikas weit überdurchschnittlich. Es ist noch nicht abzusehen, wie schnell es den 54 Ländern gelingen wird, sich von der Krise zu erholen.

Die Herausforderungen sind groß: Lieferketten waren lange unterbrochen, vielerorts haben sich Armut und Ungleichheit verstärkt. Die Bemühungen um mehr regionale Integration und Kooperation kamen nur schleppend voran.

Im Umgang mit der Krise liegen aber auch Chancen für deutsche Unternehmen: Mit ihren Investitionen können sie neue Märkte erschließen und ihre Produktionskapazitäten erweitern. So tragen sie dazu bei, die Wirtschaft weiter zu diversifizieren. Zudem schaffen sie Arbeitsplätze und generieren mit steigendem Einkommen mehr Kaufkraft. 

Afrika in Zahlen

54

Mit 54 Ländern bietet Afrika viele Chancen für deutsche Unternehmen.

1,4

Knapp 1,4 Milliarden Menschen leben auf dem afrikanischen Kontinent.

45

Knapp 45 Mrd. US$ ausländische Direktinvestitionen gingen 2022 nach Afrika - 44% weniger als 2021.

3,8

Afrikas BIP ist 2022 um 3,8 Prozent gewachsen. 

5

22 Länder Afrikas werden 2024 um mehr als 5 Prozent wachsen.

7

7 der 10 dynamischsten Volkswirtschaften der Welt liegen in Afrika. 

Quellen: World Investment Report 2023, African Economic Outlook 2023

Hilfreich ist eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Volkswirtschaften und ihrer Sektoren. Einige Länder profitieren nicht nur vom Ressourcenreichtum an Öl, Gas, Gold oder Kakao, sondern konnten ihre Wirtschaft zunehmend diversifizieren. Zu den nach Größe und Volumen für deutsche Unternehmen wichtigsten Märkten in Subsahara-Afrika gehören Südafrika, Nigeria, Ghana und Kenia. Letzteres punktet als Technologie-Zentrum mit dem "Silicon Savannah", in dem sich viele digitale Start-ups angesiedelt haben.

Daneben ziehen aufstrebende Märkte wie Côte d’Ivoire, Ruanda oder Tansania mit ihren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Wachstumsraten das Interesse internationaler Investoren an. In Nordafrika bietet Ägypten mit rund 100 Millionen Einwohnern einen großen Binnenmarkt. Gleichzeitig ist es das am zweitstärksten industrialisierte Land Afrikas nach Südafrika.

Daniela Vaziri

Afrikas Volkswirtschaften wachsen überdurchschnittlich stark, die Chancen für deutsche Firmen sind vielfältig. Und doch wagen vergleichsweise wenige deutsche Mittelständler den Schritt auf den afrikanischen Kontinent.

Daniela Vaziri Bereichsleiterin Afrika/Nahost bei Germany Trade & Invest

Branchenvielfalt "Made in Africa"

Im Fokus vieler Länder steht der Aufbau lokaler und diversifizierter Industrien. Ziel ist es, Rohstoffe direkt vor Ort weiterzuverarbeiten und Wertschöpfungsketten auszubauen. Daneben gilt es, lokale Lieferketten zu etablieren und den Binnenhandel zu stärken.

Produkte und Dienstleistungen "made in Africa" schaffen Arbeitsplätze und Einkommen vor Ort und damit die Voraussetzung für weitere wirtschaftliche Entwicklung. Beispiel Automobilindustrie: Bisher existiert eine nennenswerte Produktion auf dem Kontinent nur in Marokko und Südafrika. Aber es gibt deutliche Bestrebungen, die Industrie auszubauen – und die deutsche Branche zeigt wachsendes Interesse.

Ob bei der Verarbeitung von Rohstoffen, der Produktion von Textilien für den Weltmarkt oder von Nahrungsmitteln für den heimischen Markt: Afrika benötigt moderne Maschinen, verlässliche Energielösungen und effiziente Logistikdienstleistungen. 

Weltweit hat das Interesse an Afrika als Wirtschaftspartner spürbar zugenommen. Während europäische Nachbarländer mit Erfolg auf dem Kontinent aktiv sind, halten sich Unternehmen aus Deutschland noch vielfach zurück. Dabei sind gerade sie besonders geschätzt - mit ihrer Technologie, ihren Serviceleistungen und der besonderen Kompetenz bei der Qualifizierung von Fachkräften. Chancen bieten sich vor allem in den Sektoren Agrobusiness, Gesundheit und nachhaltige Technologien.

Infrastruktur für Afrikas Megacities

5

Bis zum Ende des Jahrhunderts werden 5 von 10 der größten Megacities der Welt in Afrika liegen.

In Afrika werden in den nächsten 30 Jahren 11 neue Megacities entstehen. Diese wachsenden Städte brauchen eine entsprechende Infrastruktur. Hier ist das Know-how deutscher Unternehmen für Lösungen in den Sektoren Transport, Bau, Wasser und Abfall sowie Energie gefragt.

Der Bedarf endet nicht an den Stadtgrenzen: Landesweit wächst die Nachfrage nach Verkehrsinfrastruktur für die Waren- und Handelsströme über Straßen und Schienen, Häfen und Flughäfen des Kontinents.

Aus Sicht deutscher Unternehmen sind diese Dynamiken gleich mehrfach interessant: Bauvorhaben eröffnen Beteiligungschancen, Projekte bedürfen spezifischer Beratung und Anlagen benötigen neue Technik.

Konsumgüter für eine kaufkräftige Mittelschicht

2,5

Bis 2050 werden 2,5 Mrd. Menschen in Afrika leben. Sie alle müssen mit Konsumgütern versorgt werden.

Vor allem in den großen Städten entsteht eine Mittelschicht mit steigender Kaufkraft. Dies verhilft auch Branchen wie der Nahrungsmittelverarbeitung zum Erfolg.

Veränderte Konsumgewohnheiten und höhere Qualitätsansprüche eröffnen Chancen für Verpackungsindustrie oder Kühllogistik. Einkaufszentren nach westlichem Muster revolutionieren den Einzelhandel und E-Commerce etabliert sich zunehmend als lukratives Geschäftsfeld. 

Mit erneuerbaren Energien nachhaltig wirtschaften

Die Anpassung an den Klimawandel ist eine große Herausforderung für Afrikas Wirtschaft. Deshalb sind klimafreundliche Energielösungen beim Ausbau der Energieversorgung gefragt.

Schon viele Länder Afrikas nutzen erneuerbare Energien, um ihren steigenden Strombedarf zu decken. Laut Report der International Renewable Energy Agency IRENA beziehen die Staaten Ostafrikas bereits 71 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen, die Staaten Westafrikas liegen bei 25 Prozent.

Der Kontinent besitzt noch mehr Potenzial – etwa als Produktionsstandort von „grünem“ Wasserstoff. Hier bieten etwa die Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS gute Voraussetzungen. Deutschland und Namibia haben bereits eine Wasserstoff-Partnerschaft abgeschlossen. 

Digitale Vernetzung beschleunigt Innovationen

93

93 Prozent der Menschen in Afrika haben heute bereits Zugang zu einem Mobilfunknetz. Digitale Geschäftsmodelle entwickeln sich rasant.

Investoren aus Deutschland treffen in Afrika auf eine gut entwickelte Kommunikations-Infrastruktur. In Sachen Digitalisierung ist der Kontinent weit entwickelt und profitierte dabei vom "Leapfrogging": Statt Festnetze aufzubauen, haben viele Länder in Breitbandnetze und in mobile Kommunikation investiert.

Das Bezahlen mit dem Mobiltelefon, wie dem in Ostafrika weit verbreiteten Dienst M-Pesa, ist in mittlerweile zehn afrikanischen Ländern Standard. Dadurch entstehen neue Geschäftsmodelle - vom Zugang zu Krediten und Versicherungen bis hin zu Anwendungen im Gesundheitswesen oder der Logistik.

Dank digitaler Vernetzung lassen sich auch in ländlichen Regionen Kreditanträge digital abwickeln oder Lieferketten in der Agrarwirtschaft online organisieren. So können Landwirte über vernetzte Liefersysteme ihre Absatzmärkte erweitern und Händler sparen Vertriebskosten.

Freihandelszone gibt neue Impulse

90

Mit der neuen Freihandelszone AfCFTA entfallen 90 Prozent der innerafrikanischen Zölle. 

Mit der African Continental Free Trade Area (AfCFTA) ist im Januar 2021 die größte Freihandelszone der Welt gestartet. Mit Ausnahme von Eritrea verpflichten sich alle Staaten der Afrikanischen Union (AU), rund 90 Prozent der Zölle und weitere nicht-tarifäre Handelshemmnisse abzubauen. Dieser Schritt stellt die Weichen, um mehr Waren auszutauschen und neue Wertschöpfungsketten aufzubauen. Gelingt die wirtschaftliche Integration, entsteht ein Binnenmarkt nach europäischem Vorbild mit mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern. 

Trotz wachsender innerafrikanischer Integration sind politische Unruhen und soziale Konflikte in einzelnen Ländern nicht selten. Dennoch ist der Reformwille bei den meisten afrikanischen Regierungen groß - sei es beim Erwerb von Grund und Boden, beim Bürokratieabbau oder bei der Umsetzung von Verträgen. Für potenzielle Investoren gibt es immer häufiger One-Stop-Shops mit Informationen und Services aus einer Hand. 

Deutschland arbeitet im Rahmen der Reformpartnerschaft "Compact with Africa" mit einigen Ländern eng zusammen. Ziel der Initiative ist es, die Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliches Engagement vor Ort zu verbessern. Gleichzeitig bietet die Bundesregierung Unternehmen, die afrikanische Märkte erschließen möchten, innerhalb des Wirtschaftsnetzwerks Afrika ein breites Unterstützungsangebot.

Aktualisiert im Juni 2023 |  Autorin: Sabine Huth

Weitere Informationen

Länderinformationen und wirtschaftliche Eckdaten zu den wichtigsten afrikanischen Volkswirtschaften finden Sie in unserer Rubrik "Märkte in Afrika".