Bau einer Brücke in Pretoria, Südafrika. GettyImages/Henrique NDR Martins Bau einer Brücke in Pretoria, Südafrika.

Afrika braucht Vernetzung. Räumliche Distanzen sind eine große Herausforderung für Transport und Logistik auf dem Kontinent. Nicht weniger als 16 Länder sind als Binnenländer abgeschnitten von Zugängen zum Meer. Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur resultiert vielfach noch aus einer kolonialen Vergangenheit und ist weit entfernt von aktuellen Anforderungen.

Doch es tut sich viel an Land, zu Wasser und in der Luft. In der Expansion all dieser Verkehrswege liegt großes Potenzial – für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung, als Motor für regionale Integration und für eine bessere Einbindung Afrikas in weltweite Waren- und Handelsströme.

Ausbau der Verkehrsnetze im Fokus

60

Der Investitionsbedarf für Straße, Schiene, Wasser und Luft beträgt über 60 Milliarden US-Dollar (Stand 2020).

 Aus Sicht deutscher Unternehmen sind diese Dynamiken gleich mehrfach interessant: Bauvorhaben eröffnen Beteiligungschancen, Projekte bedürfen spezifischer Beratung und Anlagen benötigen neue Technik.

Mit einer verbesserten Infrastruktur lassen sich Handel und Logistik intensiver und kostengünstiger betreiben, neue Märkte erschließen und weitere wirtschaftliche Aktivitäten generieren.

Die Vorhersagen des Global Infrastructure Outlook für Afrika sprechen eine deutliche Sprache: Für die nächsten 20 Jahre werden in allen Transportsektoren massive Investitionen benötigt. Diese Investitionslücke verspricht Zukunftschancen und neue Geschäftsfelder auch für die deutsche Wirtschaft.

Auf dem Weg zum länderübergreifenden Straßentransport

Dichte und Qualität des afrikanischen Straßennetzes liegen im weltweiten Vergleich deutlich zurück. Nur gut ein Viertel der Strecken sind asphaltiert. Dennoch entfallen 80 bis 90 Prozent des Transports von Personen und Gütern auf die Straße. Die Wege sind vielfach nicht durchgängig, dadurch zeitaufwändig und kostenintensiv. All dies erschwert den länderübergreifenden Handel.

80 %

80 - 90 Prozent des Transports von Personen und Gütern entfallen auf die Straße.

 Gerade deshalb kommt dem Aus- und Neubau des Straßennetzes eine große Bedeutung zu. Dabei machen topografische Besonderheiten und die großen Distanzen einzelne Expansionsvorhaben besonders anspruchsvoll. Auf dem mehr als 9.000 Kilometer langen Trans-Sahara Highway-Projekt von Algerien bis nach Nigeria sind längst noch nicht alle Abschnitte für einen reibungslosen Transportverkehr bereit.

Neben staatlichen Investitionen und internationalen Gebern spielen privat finanzierte Straßenbauprojekte eine immer wichtigere Rolle – auch auf kürzeren Strecken. Mautpflichtige Straßen wie der äthiopische Addis-Adama Expressway oder das 400 Millionen US-Dollar teure Dakar-Diamniadio Highway Project in Senegal gelten als Beispiele für erfolgreiche und leistungsfähige Optionen.

Spezielle Lösungen sind auch im Bereich des Tunnel- und Brückenbaus erforderlich. 2018 wurde mit der längsten Hängebrücke Afrikas in Mosambiks Hauptstadt Maputo für über 700 Millionen US-Dollar ein neuer Meilenstein gesetzt – in chinesisch-deutscher Kooperation.

Ambitioniertes Schienennetz für Nah- und Fernverkehr

Afrika gilt neben Südamerika als der Zukunftsmarkt für Schienenverkehr. Das Interesse Eisenbahnstrecken auf dem Kontinent zu errichten, wächst aktuell wieder deutlich.

1500

Mit 1500 km gehört der Trans-Kalahari-Corridor zu einem der längsten neu geplanten Zugstreckenprojekte weltweit. 

Während in Südafrika das dichteste Streckennetz besteht, sind in Ostafrika in jüngster Zeit die meisten neuen Routen eröffnet worden. Eine Linie zwischen der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba und dem strategisch wichtigen Hafen in Dschibuti (756 Kilometer lang, 4,5 Milliarden US-Dollar) kann neben der Beförderung von Passagieren vor allem den dichten Güterverkehr auf der Straße entlasten. In Kenia ist die Küstenstadt Mombasa mit der 472 Kilometer entfernten Hauptstadt Nairobi verbunden (3,27 Milliarden US-Dollar). Eine Verlängerung nach Uganda, Ruanda und bis in den Südsudan ist in Planung.

Finanzierung, Bau und Betrieb solcher Infrastrukturprojekte liegen vielfach in der Hand von chinesischen Firmen. Die Verbindung von Ballungszentren, Häfen und Produktionsstätten ist auch das Ziel zahlreicher neuer Vorhaben in weiteren Ländern des südlichen Afrika. Der Trans-Kalahari-Corridor zwischen Botsuana und Namibia gehört mit einer geplanten Streckenlänge von 1.500 Kilometern und Kosten von 15 Milliarden US-Dollar zu den längsten und teuersten neuen Zugstreckenprojekten weltweit.

Zusätzliche Märkte bieten sich aber auch für kurze Strecken im Personennahverkehr, wie etwa mit dem Bau neuer Metro-Linien für die Großstadt Kairo.

Intermodale Verknüpfungen durch neue Transportwege zu Wasser

3 %

Afrika hält nur 3 Prozent am weltweiten Containerverkehr. Dennoch laufen 90 Prozent des Außenhandels über die Häfen. 

 Auch wenn Afrika am weltweiten maritimen Containerverkehr mit nur etwa drei Prozent beteiligt ist, besitzt die Schifffahrt eine dominierende Rolle für den afrikanischen Außenhandel. Über 90 Prozent der Ein- und Ausfuhren laufen über die Häfen.

Die wichtigsten und florierenden Standorte beschränken sich mittlerweile nicht nur auf den Norden (Ägypten, Marokko) und auf Südafrika. Zahlreiche weitere Anlagen sowohl als Tiefseehäfen als auch Containerterminals befinden sich im Ausbau. Beispiele reichen vom Senegal im Westen über Nigeria, Kamerun und Namibia bis nach Tansania, Kenia und Dschibuti im Osten.

Das ehrgeizige, bis zu 27 Milliarden US-Dollar schwere Projekt Lamu Port South Sudan Ethiopia Transport (LAPSSET) steht stellvertretend für neue afrikanische Transportkorridore. Sie arbeiten nicht nur länderübergreifend, sondern wollen auch unterschiedliche Verkehrssektoren intermodal miteinander verknüpfen. Denn für eine leistungsfähige Logistik muss der Gütertransport vom Hafen mit einem Netzwerk von Straßen und Schienen im Hinterland verbunden werden.

Aufstrebende Drehkreuze in der Luftfahrt

Ähnlich wie im Schiffsverkehr erscheint Afrika auch am weltweiten Luftverkehr mit einem Anteil von nur rund zwei Prozent marginalisiert. Doch der Kontinent steuert auf einen geeinten Luftraum zu. Das von der Afrikanischen Union initiierte Projekt des Single African Air Transport Market (SAATM) verspricht eine Verbesserung des Angebots an Flügen, neue Konnektivität und zunehmende wirtschaftliche Integration.

90 %

90 Prozent der afrikanischen Airports befördern weniger als 1 Million Passagier. 

Für Vernetzung und Transport hat sich das äthiopische Addis Abeba zu einem führenden Drehkreuz entwickelt. Gemeinsam mit der äthiopischen Fluggesellschaft Ethiopian Airlines plant man einen völlig neuen Flughafen in noch größeren Dimensionen für 100 Millionen Passagiere. Mit Kosten von rund 5 Milliarden US-Dollar soll eine regelrechte Airport-City entstehen, auf einer Fläche von 35 Quadratkilometern mit Shopping Malls, Hotels, Logistik- und Trainingszentren.

Neben Johannesburg und Kapstadt in Südafrika befinden sich weitere wichtige Hubs im Norden (Kairo, Casablanca) und Osten (Nairobi). Über die meisten afrikanischen Flughäfen werden pro Jahr weniger als 1 Million Passagiere abgefertigt. Aber die Zeichen stehen auf Wachstum. Nicht nur das bevölkerungsreiche Nigeria ist mit zahlreichen Projekten ein Beispiel für große Dynamik im Aus- und Neubau afrikanischer Flughäfen. Auch kleinere Länder wie RuandaCôte d’Ivoire und Ghana investieren massiv in den Ausbau ihrer Flughafeninfrastruktur.

August 2020  |  Autor: Dr. Felix Guntermann 

Weitere Informationen

Erfahrungsberichte zu Transport und Logistik in Afrika

Vision auf Schienen: Neue Bahnlinien für Afrika

Eine neue Bahnverbindung für Afrikas Hauptstädte und Wirtschaftszentren? Der Vorsitzende der Trans Africa Railway Corporation erläutert sein Vorhaben und die Suche nach Kapital.

Verkehr auf grün: Deutsche Software für Elektrobusse in Afrika

Intelligentes Lademanagement für die erste Elektrobusflotte Afrikas - das Softwareunternehmen CarMedialab berichtet von seinen Erfahrungen beim Markteintritt.

Ghana: Lösungen für unternehmerische Sorgfaltspflichten

Das Lieferkettensorgfaltspflichten-gesetz verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten. Welche Lösungen gibt es in Ghana?

Hafenlogistik: Schnellere Zollabwicklung in Lagos Freizone

BASF nutzt die Lagos Free Zone in Nigeria als Lagerhaus - und verkürzt so die Lieferzeiten für seine Produkte, weil logistische Hürden entfallen. Wie funktioniert das genau?

Schutzschirm: MAN sichert Afrika-Geschäfte mit Exportkreditgarantien des Bundes

Das Münchener Unternehmen MAN Truck & Bus verkauft seit mehr als 30 Jahren Lkw auf dem afrikanischen Markt, vor allem schwere Lkw-Reihen und Lkw-Bausätze.

Logistik: Kleinstaat Dschibuti wirbt mit großer Freihandelszone

In der Freizone von Dschibuti gibt es noch viel Platz, wie der Geschäftsführer im Interview berichtet. Auch ein deutsches Unternehmen hat sich bereits dort angesiedelt.

Herausfordernd: Logistik und Freihandel in Afrika

Der innerafrikanische Freihandel macht nur langsam Fortschritte. Sabine Dall´Omo von Siemens Subsahara-Afrika gibt einen Überblick zu Fortschritten und Herausforderungen.

Afrikas Häfen: Jeder will ein Stück vom Kuchen

HPC Hamburg Port Consulting hilft afrikanischen Behörden, ihre Interessen gegenüber externen Parteien zu wahren: Von Guinea-Bissau über Port Sudan bis Somalia.

Hafenausbau: DP World aus Dubai investiert in Somaliland

Der emiratische Hafenbetreiber DP World nahm 2021 in Somaliland einen Containerterminal in Betrieb. Hier surren auch deutsche Kräne.

Somaliland: Logistikdrehscheibe für Märkte in Ostafrika

Der Hafen Berbera in Somaliland hat ein neues Containerterminal bekommen und wird er über einen Straßenkorridor mit Äthiopien verbunden. Weitere Ausbauprojekte sind in Planung.

Coole Pläne: Logistik für Gemüse- und Obstexporte aus Äthiopien

Die Ethiopian Horticulture Association will neben Blumen auch Obst und Gemüse exportieren. Warum die richtige Kühlkette dabei für den Erfolg entscheidend ist.

Mission machbar: Handel in Ostafrika ist inzwischen einfacher

Logistik ist in Afrika einfacher geworden. Allerdings gibt es auf dem Kontinent große Unterschiede. Das sagt Josef Lenherr von der Fracht AG.