Container wird auf ein Containerschiff in Afrika verladen

Mit dem Betrieb von Häfen und Bahnen sichert Bolloré einen guten Teil der Logistik-Umsätze ab.

Der französische Mischkonzern Bolloré sieht sich als führender Anbieter von Logistiklösungen in Afrika. Fast zwei Drittel aller Beschäftigten in der Transport- und Logistiksparte der Gruppe arbeiten im Afrikageschäft, das 2020 gut 2,1 Milliarden Euro Umsatz einbrachte. Wolfgang Busch, Africa Business Development Director bei Bolloré Logistics in Frankfurt, betreut Kunden aus Deutschland. Im Interview schildert er, warum er Geschäfte mit dem Kontinent über Frankreich abwickelt und wie einmal der Staatspräsident anrief.

Logistikstandorte fast überall in Afrika

Herr Busch, warum ist Bolloré Logistics so stark in Afrika?

Wir haben in fast allen afrikanischen Staaten eigene Niederlassungen, oft seit über 50 Jahren. Damit können wir für unsere Kunden dort die komplette Lieferkette übernehmen. Das bieten Konkurrenten von uns zwar ebenfalls an, aber nicht in so vielen Ländern.

Stützen Sie Ihr Geschäft auf eigene Anlagen?

In West- und Zentralafrika betreiben wir 13 Häfen mit insgesamt über 20 Terminals, meist zusammen mit lokalen Partnern. Hinzu kommen Lagerhäuser, Inlands-Umschlagszentren sowie die drei Eisenbahnlinien in Kamerun, Benin und Côte d'Ivoire mit Burkina Faso. Daneben haben wir eigene Lkw-Fuhrparks samt Werkstatt, womit wir zum Beispiel die Containertransporte in Ghana oder in Côte d'Ivoire durchführen.

Welche Rolle spielt der Betrieb von Häfen und Bahnen für Bolloré?

Damit sichern wir uns einen guten Teil der Logistik-Umsätze, die am Golf von Guinea ja noch relativ begrenzt sind: In vielen afrikanischen Ländern kümmern sich Industrie- oder Handelsfirmen vielfach noch selbst um Transport, Lagerhaltung oder Verzollung. Vor allem jedoch können wir, gestützt auf unsere eigenen Anlagen, Logistik schneller und besser erbringen. Extern fehlen dafür oft verlässliche Dienstleistungen und Fachkräfte. In ökonomisch weiter entwickelten Ländern wie Südafrika kann man das alles zukaufen, ähnlich wie in Europa.

Wie ist Bolloré im nicht-frankofonen Teil Afrikas aufgestellt?

Dort sind wir oftmals einer von vielen, und die Konkurrenz für uns ist dort teilweise härter. Derzeit bauen wir unsere Marktposition besonders in Ostafrika aus. In Kenia befindet sich eins von acht modernen Logistikzentren, in deren Aufbau wir ab 2017 insgesamt 100 Millionen Euro investiert haben. Andere dieser Zentren liegen in Côte d'Ivoire, Ghana, Nigeria und Südafrika, also teilweise ebenfalls in englischsprachigen Ländern. Hafen- oder Eisenbahnkonzessionen besitzen wir in Afrika aber nur in frankofonen Staaten.

Beruhen Erfolge in Ihrem Geschäft auch auf kulturellen Faktoren?

Die sind sogar entscheidend. Nehmen Sie unsere deutsche Niederlassung hier. Selbst wenn die zu transportierende Anlage aus einer deutschen Fabrik stammt, tauscht sich der Empfänger in Senegal oder in Gabun oftmals mit meinem Bolloré-Kollegen in Frankreich aus, nicht mit uns direkt. Wir wickeln dann zwar das Geschäft in Deutschland ab, kommunizieren aber über unseren Kollegen in Frankreich mit Afrika und schicken die Ladung im Zweifelsfall auch über Frankreich. Lediglich bei „rein deutschen“ Geschäften bleibt Frankreich außen vor. So zum Beispiel bei einem von der KfW finanzierten Geschäft, bei dem wir über 400 Container mit Solartechnik für einen deutschen Kunden nach Senegal verschiffen.

Die französischen Kollegen tun sich also leichter in Afrika?

Ja, nicht überall, aber natürlich vor allem in frankofonen Ländern. Dort gibt es eben nicht diese Sprachbarriere. Außerdem gibt es in Frankreich eine viel stärkere Verbundenheit mit dem Kontinent. Da müssen Sie nur mal die Fernsehnachrichten vergleichen – in Deutschland findet Afrika praktisch nicht statt. In den französischen Medien ist Afrika jeden Tag präsent, nicht nur in den Medien, sondern auch kulturell. Umgekehrt empfinden wir zum Beispiel Südafrika mit seinem intensiven Wettbewerbsumfeld als schwierig. Deutsche Unternehmen kommen dort allgemein recht gut zurecht, bei Kfz und einigen anderen Branchen am Kap kennen sie sich von Haus aus gut aus.

Die fehlende Sprachbarriere, wie äußert sich das im Geschäft noch?

Selbst am Stammsitz großer Konzerne in Deutschland winkt man bei Geschäften mit Nord-, West- und Zentralafrika ab und verweist auf die Niederlassung in Frankreich. Und wenn es in Angola oder Mosambik wieder wirtschaftlich aufwärts geht, bekommen auch wir hier mehr Anfragen – die kommen aber dann über Bolloré Portugal, weil dort die ganzen Kontakte aus den ehemals portugiesischen Kolonien zusammenlaufen.

Merken Sie auch etwas davon, dass Frankreich in Nord- und Westafrika politisch gut verdrahtet ist?

Nein, zumindest bekomme ich hier nichts davon mit. Als ich für einen anderen Arbeitgeber in einem zentralafrikanischen Land war, meldete sich einmal der Staatspräsident am Telefon. Er fragte unseren damaligen Geschäftsführer, ob er Interesse an der nationalen Fluglinie habe oder sonst jemanden kenne. Politik ist allerdings auch im deutschen Afrikageschäft sehr wichtig. Nach jeder Reise von deutschen Regierungsmitgliedern auf dem Kontinent klingeln bei uns die Telefone. Im Ergebnis stehen zwar oft nur Absichtserklärungen, aber solche Reisen bringen definitiv Bewegung und helfen dabei, Afrika in Deutschland mehr in den Fokus zu bringen.

Weitere Informationen

Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im März 2021. 

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