
Investitionen in Afrika bieten enorme Chancen, erfordern jedoch auch ein gründliches Risikomanagement. Die Investitionsgarantien der Bundesrepublik Deutschland sind dabei ein wichtiges Instrument.
Frau Sarikaya, was sind die Investitionsgarantien des Bundes?
Die Investitionsgarantien sind ein Außenwirtschaftsförderinstrument des Bundes. Gegen eine Antragsgebühr und ein jährliches Garantieentgelt sichert der Bund Projekte von Investoren gegen politische Risiken im Ausland ab – ähnlich, wie man es von einer klassischen Versicherung kennt.
Für Projekte in Afrika greifen dabei regelmäßig auch vergünstigte Garantiebedingungen. Beispiele sind ein geringeres Entgelt, ein reduzierter Selbstbehalt im Schadensfall oder der Wegfall der Antragsgebühr. Der Bund möchte durch Initiativen wie der Diversifizierungsstrategie Projekte in Diversifizierungsländern verstärkt fördern. Da viele afrikanische Länder hierunter fallen, können deutsche Investitionen in Afrika hiervon profitieren. Zusätzliche Vergünstigungen können greifen, wenn in besonders klimafreundliche Projekte investiert wird.
Bei einer Investition mit der Kapitaldeckung von 10 Millionen Euro ergeben sich folgende Kosten:
Projekt in einem Standardland
Kostenpunkt | Konditionen *) | Beispielsrechnung Betrag (Euro) |
Einmalige Antragsgebühr | bis zu 5 Mio. Euro gebührenfrei; für den 5 Mio. Euro übersteigenden Betrag 0,5% (maximal 10.000 Euro) | 2.500 |
Jährliches Garantieentgelt | 0,5% | 50.000 |
Selbstbeteiligung im Schadensfall | 5% | 500.000 |
*) jeweils bezogen auf die Kapitaldeckung
Projekt in einem Diversifizierungsland
Kostenpunkt | Konditionen *) | Beispielsrechnung Betrag (Euro) |
Einmalige Antragsgebühr | gebührenfrei | - |
Jährliches Garantieentgelt | 0,45% bei Ländern der OECD-Länderrisikokategorie 1-5 (also Reduzierung um 10%) **) | 45.000 |
Selbstbeteiligung im Schadensfall | 2,5% (also Reduzierung um 50%) | 250.000 |
*) jeweils bezogen auf die Kapitaldeckung; **) bei höheren Risikoklassen 0,5%, also keine Vergünstigung
Welche Investitionen werden durch die Garantien geschützt?
Abgesichert werden grundsätzlich direkte Auslandsinvestitionen deutscher Investoren in Entwicklungs- und Schwellenländern:
- Investoren müssen ihren Sitz in Deutschland haben.
- Zu den absicherungsfähigen Investitionen gehören beispielsweise die Beteiligung eines deutschen Unternehmens an einer afrikanischen (Tochter-) Gesellschaft, ein beteiligungsähnliches Darlehen an diese oder andere vermögenswerte Rechte wie zum Beispiel Konzessionsrechte.
Der Bund halt weltweit Projekte mit einem Deckungsvolumen von rund 27,4 Milliarden Euro abgesichert, davon entfallen rund 2,1 Milliarden Euro (7,5 Prozent) auf Afrika (Stand: 30.06.2024). Die Projekte befinden sich unter anderem in Ägypten, Algerien, Kenia und Südafrika. In den letzten fünf Jahren konnten weltweit Projekte im Wert von über 1 Milliarde Euro gerettet werden.
Wie prüft der Bund einen Antrag und welche Länder sind abgedeckt?
Der Bund prüft stets
- die Förderungswürdigkeit des Projekts anhand von Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards sowie im Hinblick auf die Klimastrategie der Investitionsgarantien
- die risikomäßige Vertretbarkeit einer Garantieübernahme anhand des Rechtsschutzes sowie der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage des Anlagelandes.
Grundlage für den Rechtsschutz der Investition ist in der Regel ein Investitionsförderungs- und -schutzvertrag (IFV) Deutschlands mit dem Anlageland. Zwischen Deutschland und über 40 Ländern in Afrika besteht derzeit ein IFV. Sollte kein IFV in Kraft sein, kann der Bund im Einzelfall auch Garantien auf Basis der innerstaatlichen Rechtsordnung übernehmen, sofern diese einen ausreichenden Rechtsschutz bietet. Den damit einhergehenden potenziell erhöhten Risiken begegnet der Bund nach der aktuellen Deckungspraxis grundsätzlich mit angepassten Konditionen für die Deckungsübernahme, zum Beispiel durch ein erhöhtes Garantieentgelt.
Beispiel für Land ohne IFV: Südafrika
Zuletzt wurde für die Absicherung einer Investition in ein Südafrika-Projekt ohne IFV-Schutz ein von 0,5 auf 0,55 Prozent p.a. erhöhtes Garantieentgelt festgelegt. Da es sich bei Südafrika um ein Diversifizierungsland handelt, gelten für das Projekt zugleich die vergünstigten Deckungskonditionen. Die damit verbundene Entgeltreduzierung um 10 Prozent führt zu einem Entgeltsatz von 0,495 Prozent. Ferner reduziert sich der Selbstbehalt von 5,0 auf 2,5 Prozent.
Weitere Einzelheiten zu projektrelevanten und länderspezifischen Aspekten unter den Voraussetzungen der Garantien finden sich hier, zu den abgesicherten Ländern- und Regionen mit und ohne IFV hier.
Gegen welche Risiken sichern diese Garantien deutsche Investoren in Afrika ab?
Erfahrungsgemäß gibt es oft politische und damit verbundene wirtschaftliche Hemmnisse für Auslandsprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern. Insbesondere variieren die politische Stabilität afrikanischer Länder und damit auch die Risiken stark.
Die Investitionsgarantien bieten langfristigen Schutz vor solchen politisch bedingten Risiken beziehungsweise Schäden. Darunter fallen beispielsweise:
- Enteignungen: Zuletzt sahen wir Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem widerrechtlichen Entzug von behördlichen Genehmigungen in Algerien.
- Kriege oder bürgerkriegsähnliche Zustände: Hiervon waren zuletzt Projekte in Äthiopien und der DR Kongo betroffen.
- Gedeckt sind auch staatlich bedingte Schwierigkeiten bei der Konvertierung oder dem Transfer von Dividenden sowie von Tilgungszahlungen. Ein Beispiel ist ein von der Regierung des Anlagelandes erlassenes Dekret, das ein Konvertierungsverbot vorsieht.
Die Investitionsgarantien können politische Risiken bei Investitionen in Afrika mindern. Projekte können durch Krisenmanagement gerettet und Investoren vor schweren finanziellen Verlusten geschützt werden. Dies wiederum hat langfristige positive Auswirkungen auf die Marktposition der Investoren, den Wirtschaftsstandort Deutschland und auch auf die Entwicklung der afrikanischen Märkte.
Wie kann das Krisen- und Schadensmanagement eines abgesicherten Afrika-Projekts aussehen?
Der Investor muss eventuelle Gefahren („gefahrerhöhende Umstände“) für die abgesicherte Investition beziehungsweise das Projekt dem Bund melden. Dafür kann der Investor mit den PwC-Mandataren (PricewaterhouseCoopers GmbH WPG) in Kontakt treten, die von der Bundesregierung mit der Geschäftsführung der Investitionsgarantien beauftragt sind.
Ein gefahrerhöhender Umstand kann sein, dass die afrikanische Tochtergesellschaft ein Schreiben von staatlichen Stellen erhält, wonach die Betriebserlaubnis für die afrikanische Produktionsstätte entzogen wird. Dann könnte das Projekt nicht mehr fortgeführt werden.
Zunächst wird in Abstimmung des Investors mit PwC und dem Bund versucht, durch Verhandlungen und andere diplomatische Mittel die gemeldeten Probleme mit staatlichen Stellen zu lösen. Hierdurch soll ein Scheitern des Projekts beziehungsweise der Eintritt eines Schadens vermieden werden.
Konkret informiert PwC zunächst regelmäßig die Bundesministerien mit der Bitte, die Deutsche Botschaft und Generalkonsulate in Afrika einzubinden, um zunächst den Sachverhalt und die Hintergründe aufzuklären. Wenn das staatliche Vorgehen im Anlageland politisch motiviert (und widerrechtlich) zu sein scheint, wird der Bund in der Regel auf diplomatischem Wege vorgehen. Dies erfolgt durch Ansprache von hochrangigen Vertretern des Landes durch deutsche Botschafter oder gegebenenfalls persönliche Ansprache durch die höchste politische Ebene bis hin zum Bundeskanzler. Der Bund kann dann zum Beispiel eine Verbalnote der Bundesregierung an die afrikanischen Außen- und Finanzminister übermitteln.
Zugleich kann sich der Bund an Kosten des Investors für die Abwendung oder Minimierung eines Schadens beteiligen. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass der Investor die Maßnahmen auf Weisung oder mit Zustimmung des Bundes vornimmt. Im Einzelfall kann sich der Bund auch an Gerichts- oder Rechtsanwaltskosten für ein Klageverfahren gegen die afrikanische Behörde beteiligen.
Die diplomatische Intervention und Unterstützung des Bundes sowie die Schadensvermeidungsmaßnahmen des Investors können dann - vereinfacht dargestellt - regelmäßig zwei Ausgänge haben:
1. Szenario: Schadensvermeidung/-abwendung: Die afrikanischen staatlichen Stellen reagieren mit der Wiedererteilung der Betriebserlaubnis. Damit kann das Projekt fortgeführt werden und wird ein Schadensfall vermieden.
2. Szenario: Entschädigung: Ohne Betriebserlaubnis kann das Auslandsprojekt des deutschen Investors nicht fortgeführt werden. Es ist somit gescheitert. Der Investor meldet dann den entstandenen Schaden und kann einen Entschädigungsantrag stellen. Wenn der Bund im Rahmen der Schadensprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass ein entschädigungspflichtiger Garantiefall vorliegt, zahlt er dem deutschen Investor eine Entschädigung für den finanziellen Verlust, der durch das Verhalten der afrikanischen staatlichen Stellen eingetreten ist.
Beispiele finden sich hier.
Wie hoch könnte eine Entschädigung im Schadensfall sein?
Die Entschädigung entspricht den Leistungen, die der Investor für die abgesicherte Investition beziehungsweise Kapitalanlage erbracht hat (Einbringungswert). Wenn der Wert der Kapitalanlage zum Schadenszeitpunkt (Zeitwert) den Einbringungswert unterschreitet, dann bemisst sich die Entschädigung regelmäßig an dem Zeitwert. Hiervon ist jeweils der bei Garantieübernahme angegebene Selbstbehalt abzuziehen.
Bei einem Einbringungswert von 10 Millionen Euro (Standard-Fall ohne besondere Deckungskonditionen) würde der reguläre Selbstbehalt des Investors 5 Prozent und die Höchsthaftung des Bundes 95 Prozent betragen. Sollte die abgesicherte Investition auch zum Schadenszeitpunkt nachweislich den abgesicherten Wert nicht unterschreiten, würde der Bund im Garantiefall (zum Beispiel Totalverlust infolge einer Enteignung) grundsätzlich für 95 Prozent der abgesicherten 10 Millionen Euro haften. Damit würde die Entschädigung 9,5 Millionen Euro betragen.
Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im April 2025.
Weitere Informationen
|