Das Interview führte Marie Scholz vom AHK Büro Subsahara-Afrika in Berlin im Juni 2021.

Zwei Geschäftsleute diskutieren in einem Büro

Hinweis der Redaktion: Das Exportzentrum für Exportfinanzierung hat in Kenia seine Arbeit eingestellt. Unternehmen, die sich für ostafrikanische Märkte interessieren, können sich an das Kompetenzzentrum Exportfinanzierung in Dubai wenden.   

Beim Export deutscher Produkte ins Ausland spielen Finanzierungsfragen eine entscheidende Rolle. Die Exportkreditgarantien des Bundes, die sogenannten Hermesdeckungen, bieten als Absicherungs- und Finanzierungsinstrument nicht nur deutschen Exporteuren und Banken viele Vorteile, sondern auch ausländischen Importeuren.

Um die Hermesdeckungen vor Ort bekannter und transparenter zu machen, hat der Bund seine Beratungsleistungen in ausgewählten Ländern ausgebaut und setzt lokale Finanzierungsexperten ein, unter anderem für die Regionen Nord- und Ostafrika sowie Mittlerer Osten. Sie sind eng mit dem bewährten Beratungsangebot von Euler Hermes, dem Mandatar des Bundes, verzahnt. So entsteht eine koordinierte Unterstützung aus Deutschland heraus und im Zielland. 

Eva Rösler leitet seit Oktober 2019 das Kompetenzzentrum für Exportfinanzierung der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika, mit Sitz in Nairobi. Die Finanzierungsexpertin berichtet im Interview über die Vorteile der "Hermesdeckungen" und über ihre Erfahrungen vor Ort.

Brücke zwischen deutschen Exporteuren und afrikanischen Kunden

Frau Rösler, was sind Ihre Haupttätigkeiten?

Eva Rösler AHK Services Eastern Africa Ltd. Eva Rösler

Ich bezeichne meine Tätigkeit gerne als "Brücke" zwischen lokalen Importeuren, deutschen Exporteuren und den finanzierenden Banken. 

Ich berate lokale Unternehmen über bundesgedeckte Finanzierungsmöglichkeiten bei Importen aus Deutschland oder bei Projektfinanzierungen, wenn deutsche Produkte eingesetzt werden sollen. Dies verknüpfe ich dann mit Bankgesprächen und den Gesprächen mit den Exporteuren. Oft sind es auch die deutschen Exporteure, die den Austausch initiieren und ihren Auslandskunden gemeinsam mit mir das Instrument der Exportkreditgarantien vorstellen möchten. 

Dadurch dass ich an die Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika in Nairobi angegliedert bin, ergeben sich gute Synergien beim Netzwerkaufbau und bei der Kundenberatung. 

Welchen Nutzen bieten die Exportkreditgarantien des Bundes für deutsche Exporteure?

Zunächst einmal ist natürlich die Sorge vor Zahlungsausfall bei jedem Auslandsgeschäft ein Thema. Hierfür bieten die Exportkreditgarantien des Bundes die passenden Absicherungsmöglichkeiten. Sie decken politische und wirtschaftliche Risiken von Zahlungsausfällen seitens der lokalen Kunden ab. 

Der herausragende Nutzen der Hermesdeckungen ist für mich aber die Verknüpfung mit einer Finanzierung. Viele Geschäfte werden durch einen Bestellerkredit oder durch einen Lieferantenkredit zu Gunsten des lokalen Kunden erst möglich gemacht. Das kann für deutsche Unternehmen ein entscheidendes zusätzliches Verkaufsargument sein.

Finanzierungsangebot kann für das Geschäft entscheidend sein

Welche Finanzierungsmöglichkeiten bieten sich durch eine Hermesdeckung? 

Mal angenommen, ein kenianisches Unternehmen möchte Maschinen aus Deutschland importieren - ihm fehlt jedoch die passende Finanzierung. Dieses Unternehmen kann eine Möglichkeit der deutschen Exportfinanzierung nutzen, in Form eines Lieferanten- oder eines Bestellerkredites, abgesichert mit einer Exportkreditgarantie. 

Der Lieferantenkredit wird direkt vom deutschen Exporteur angeboten, der Bestellerkredit von einer deutschen oder internationalen Bank. Bestellerkredite werden generell erst ab einer gewissen Höhe im einstelligen Millionenbereich analysiert. Lieferantenkredite können auch für kleinere Summen angeboten werden. Wichtig bei beiden Produkten sind aussagekräftige Bilanzen seitens der Kreditnehmer, also der Auslandskunden. 

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einer Projektfinanzierung. Dabei werden die Betriebskosten und der Schuldendienst aus dem Projekt selbst erwirtschaftet.  Wenn zum Beispiel ein lokales Unternehmen den Bau von Wasserkraftanlagen in Afrika plant, können die deutschen Lieferungen und Leistungen aus dem Ertrag des Projekts erwirtschaftet werden. Das betrifft aber eher Großprojekte ab circa 50 Millionen Euro. 

Können Sie uns ein Beispiel nennen, wie ein afrikanisches Unternehmen von Ihrer Beratungsleistung profitiert hat? 

Ja, ein gutes Beispiel ist das kenianische Unternehmen Dune Packaging Ltd. Es ist in der Verpackungsindustrie tätig und produziert unter anderem mehrfarbig fotobedruckte Papierverpackungen. Dune Packaging investiert dafür seit 2014 in deutsche Technologien wie Flexodruckmaschinen und Verarbeitungsanlagen für Papiertüten. Bislang hatte das Unternehmen zur Finanzierung der importierten Maschinen Lieferantenkredite genutzt. Durch das Kompetenzzentrum für Exportfinanzierung ist es nun gelungen, ein deutsches Finanz- bzw. Bankinstitut zu finden, das Dune Packaging einen 5-Jahres-Kredit gewährt.

Rohin Chandaria, Geschäftsführer von Dune Packaging Ltd:

Das Kompetenzzentrum für Exportfinanzierung an der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika setzt sich sehr dafür ein, kenianische Unternehmen mit deutschen Lieferanten und Banken für Finanzierungsmöglichkeiten zu verbinden. Unserer Firma hat das sehr geholfen, wir haben eine mittelfristige Maschinenfinanzierung von einer deutschen Bank zu wettbewerbsfähigen Konditionen erhalten.

Wie sieht bei einer solchen Finanzierung der idealtypische Prozess für den deutschen Exporteur und den kenianischen Importeur aus? 

Zunächst einigen sich beide Parteien – also der deutsche Exporteur und der lokale Importeur – über die Lieferung von Produkten mit ausreichend deutschem Anteil (50 Prozent). Der Exporteur stellt dann eine erste Pro-Forma-Rechnung und der lokale Unternehmer muss im nächsten Schritt seine Bilanzunterlagen einreichen. Nachdem diese analysiert sind, strukturieren wir ein erstes Finanzierungsgerüst. Parallel muss der Exporteur eine Exportkreditgarantie beantragen und bereit sein, den Importeur bei der Finanzierung zu begleiten. Nach Überprüfung durch die Mandatare von Euler Hermes kann entweder über die Bank oder direkt über den Exporteur eine Finanzierung angeboten werden.

Welche Rolle übernehmen Sie dabei als Finanzierungsexpertin vor Ort? 

Ich habe dabei mehrere Funktionen: Zunächst informiere ich über die mögliche Finanzierungsstruktur und erstelle eine Erst-Analyse der Bilanzen des Importeurs. Bei Bestellerkrediten halte ich außerdem Rücksprache mit den Banken. Und am Ende koordiniere ich den weiteren Prozess mit Euler Hermes, dem Mandatar des Bundes für die Exportkreditgarantien.

Sind die Hermesdeckungen und die damit verbundenen Finanzierungsmöglichkeiten "Made in Germany" bei afrikanischen Importeuren ausreichend bekannt? 

Nach über einem Jahr Kompetenzzentrum werden die Exportkreditgarantien und deutschen Exportfinanzierungen bei afrikanischen Unternehmen und Institutionen immer bekannter - das ist ein großer Erfolg.  Dafür hat das Kompetenzzentrum mit Unterstützung der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika zahlreiche Seminare und Veranstaltungen durchgeführt. Sie richten sich an Importeure und deutsche Exporteure. 

Der Aufbau eines starken Netzwerkes ist unabdingbar, um die Möglichkeiten deutscher Exportfinanzierung bekannter zu machen. In den kommenden Monaten werden wir gemeinsam mit den Mandataren von Euler Hermes ein neues Veranstaltungsformat begleiten. "Hermesdeckungen click&coffee"  bringt Experten der Exportfinanzierung und deutsche Exporteure zusammen und informiert unter anderem über die Aufgaben und Serviceleistungen der Kompetenzzentren. 

Welchen konkreten Tipp geben Sie deutschen Exporteuren für ihre Afrikageschäfte?

Deutsche Exporteure sollten vor allem keine Scheu vor diesem Markt haben, da deutsche Produkte und Leistungen einen sehr guten Ruf genießen und sehr gefragt sind. Wenn diese dann noch mit einer Exportkreditgarantie abgesichert und mit einer passenden Finanzierung verbunden werden können – umso besser.

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