Ob bei Solaranlagen, der Wasseraufbereitung oder im Recycling – deutsche Unternehmen sind in vielen Technologien führend, die ein ressourcenschonendes Wirtschaftswachstum ermöglichen. In Afrika treffen sie auf Wachstumsmärkte, in denen Nachhaltigkeit und Klimaschutz wichtiger werden.

Afrika ist grün

Große Teile Afrikas sind von den Auswirkungen des Klimawandels schon heute stark betroffen. Gleichzeitig erfordert das rasante Bevölkerungswachstum eine schnelle industrielle Entwicklung – auch, um Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Demgegenüber stehen Bestrebungen für Klima- und Umweltschutz. Es gilt, die Ziele des Pariser Klimaabkommens umzusetzen.

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Sieben der zehn Staaten mit dem geringsten CO₂-Fußabdruck weltweit liegen in Afrika.

Die Voraussetzungen für grünes Wirtschaftswachstum sind in Afrika günstig: genügend Sonne, Wind und Wasser zur Energieerzeugung treffen auf junge, sich entwickelnde Industrien. Mit effizienten Anlagen, digitalen Technologien, erneuerbaren Energien und nachhaltigen Materialien können die Volkswirtschaften auf dem Kontinent nachhaltig wachsen.

Die große Chance für Afrika wäre ein Green Leap, also das Überspringen von Entwicklungsstufen, in eine klimaneutrale industrielle Zukunft.

Deutsche Unternehmen können hier eine wichtige Rolle spielen. Mit einem weltweiten Marktanteil von circa 14 Prozent sind sie Exportweltmeister für Umwelttechnologien, sodass ein Green Leap für sie viele Geschäftschancen bietet.

Marktchance erneuerbare Energien

Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas ist eine stabile und nachhaltige Stromversorgung. Kraftwerke in industriellen Regionen sind oft überlastet und es gibt häufig Stromausfälle.

Um den steigenden Strombedarf zu decken, investieren viele Länder in erneuerbare Energien aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasser. In Ostafrika wird laut eines IRENA-Reports bereits 71 Prozent des Stroms mit erneuerbaren Energien produziert. In Westafrika liegt der Anteil bei 25 Prozent. 

Neben neuen Kraftwerken braucht es Investitionen in überregionale Verteilernetze. Dies ist ein langwieriges und teures Unterfangen. Eine Alternative für dünn besiedelte Gebiete sind dezentrale Energiesysteme. Gefragt sind flexible Lösungen, die nicht nur private Haushalte mit Strom versorgen, sondern auch Betriebe gegen Strom- und Produktionsausfälle absichern.

Bei dem sambischen Lebensmittelherstellers Rivonia standen die Maschinen aufgrund von "Load Shedding", dem geplanten Abschalten von Strom, bis zu sieben Stunden am Tag still. Daraufhin hat das mittelständische Unternehmen in ein hybrides Stromsystem des Berliner Start-ups Grips Energy investiert. Je nach Bedarf kann das sambische Unternehmen zwischen der regulären Netzversorgung, einer Solaranlage und einem Generator wechseln.

Abfälle als Rohstoff- und Energiequelle

Geschäftspotenzial gibt es auch im Abfallmanagement und der Kreislaufwirtschaft. Die Müllmengen steigen auch in Afrika, genauso wie der Bedarf für Recyclinglösungen.

Abfälle aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie können der Energiegewinnung dienen. Sie können aber auch als alternative Baustoffe in der Bauindustrie Verwendung finden. Dadurch entstehen innovative Produkte, wie zum Beispiel die Bauplatten aus Reisstroh, wie sie das Berliner Unternehmen Eckhardt Dauck produziert.

Für Entsorger und Umwelttechnikbetriebe lohnt es sich, jetzt in Afrika einzusteigen. Der politische Druck auf Produzenten steigt. In Tansania müssen Minenbetreiber strengere Kriterien einer nachhaltigen Abwasserentsorgung erfüllen. In Südafrika werden Kraftwerke und die Schwerindustrie dazu angehalten, mehr für saubere Luft zu tun.

Bei der Umsetzung solcher Investitionsprojekte kommen immer wieder auch deutsche Anbieter zum Zuge. EnviroChemie aus Hessen belieferte beispielsweise eine Molkereigenossenschaft in Marokko mit Anlagen für die Abwasserbehandlung. 

Praxistipp

Die Verbände German Water Partnership e.V. (GWP) und German RETech Partnership sind wichtige Anlaufstellen für Unternehmen. Beide Organisationen bündeln die Aktivitäten und Informationen des deutschen Wassersektors bzw. der Entsorgungsbranche und setzen sich für den Export von deutschen Technologien ein. 

Bei Ausschreibungen von Projekten zu Recycling- und Kreislaufwirtschaft erhalten deutsche Unternehmen häufig auch bei Beratungen einen Zuschlag: Das Spektrum reicht dabei von Machbarkeitsstudien über Schulungen bis hin zu Projektmanagement.

Passgenaue Produkte für Märkte in Afrika

3 %

Es fließen nur 3 Prozent der globalen Klimafinanzierung nach Afrika.

Entscheidend für den Erfolg deutscher Unternehmen ist die Anpassung an lokale Anforderungen. Für afrikanische Märkte sind die Produkte deutscher Unternehmen oft zu teuer.

Von angepassten Lösungen profitieren beide Seiten, wie das Beispiel von Grino Water zeigt: Das Unternehmen verkauft solarbetriebene Wasseraufbereitungsanlagen, die Meer- und Brackwasser in unterschiedlicher Qualität aufbereiten. Da die Anlagen ohne Batterie funktionieren, sind sie robust, langlebig und kostengünstig. 

Eine andere Möglichkeit, um mit nachhaltigen Technologien in Afrika Fuß zu fassen, sind gebrauchte Anlagen. Das Münchner Unternehmen weelectrify.Africa vertreibt generalüberholte Windanlagen in Nord- und Westafrika. Auslöser für den Start in Afrika war, dass der Ausbau von Windparks in Deutschland ins Stocken geriet.

Dass Secondhand auch im Solarbereich funktioniert, zeigt Rinovasol im Sahel. Neben dem Verkauf recycelter Solar Paneelen kümmert sich das bayrische Unternehmen auch um die Rücknahme und fachgerechte Entsorgung alter Module. 

Um die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltiger Technologie zu stärken, spielen zudem Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle. Sie können mit Zuschüssen Investitionsanreize setzen und grünes Wirtschaftswachstum beschleunigen.

Zudem haben sie bei Ausschreibungen Einfluss auf die Kriterien einer Vergabe. Indem sie Nachhaltigkeitsstandards verbindlich einfordern, können sie höhere Umweltstandards etablieren. Orientierung hierbei bietet die Toolbox Nachhaltige Auftragsvergabe der KfW

Praxistipps

Die Bundesregierung unterstützt Unternehmen mit Vernetzungs- und Beratungsangeboten wie der Exportinitiative Energie oder der Exportinitiative Umwelttechnologie.

Ein weiteres Angebot ist das BMWK-Markterschließungsprogramm für KMU, das deutsche Unternehmen allein 2022 mit 31 Veranstaltungen und Reisen beim Markteintritt in Afrika unterstützt.

Einen ausführlichen Schwerpunkt zu weltweiten Geschäftschancen durch Klimaschutz gibt es auf der Website von Germany Trade & Invest.  

Afrika als Klimapartner bei neuen Technologien

44

In Afrika besitzen 1.000 Menschen im Schnitt nur 44 Fahrzeuge. In den USA sind es 800 Fahrzeuge.

Dass Afrika als Klimapartner wichtiger werden wird, zeigt sich auch in den Bereichen Elektromobilität und Wasserstoff. Experten erwarten eine ähnlich dynamische Entwicklung, wie es sie auf dem Kontinent durch Smartphones und FinTech-Anwendungen gab.

Erste Anzeichen gibt es bereits: in Nigeria, Ghana, Ruanda und Äthiopien gehen die ersten Produktionsanlagen für Elektrofahrzeuge an den Start. Neben asiatischen Herstellern und afrikanischen Start-ups steigen auch deutsche Hersteller wie Volkswagen in afrikanische Märkte ein.

Hohe Erwartungen gibt es in Bezug auf Wasserstoff. Deutschland hat 2021 mit Namibia und Südafrika Wasserstoff-Partnerschaften abgeschlossen. Die Idee: Grüner Wasserstoff wird in den Partnerländern mit deutscher Technologie produziert und nach Deutschland exportiert.

Allein in Westafrika lassen sich jährlich bis zu 165.000 Terrawattstunden grüner Wasserstoffs herstellen. Zum Vergleich: das entspricht 110-mal der Menge an grünem Wasserstoff, die Deutschland 2050 voraussichtlich importieren muss. Dies ermöglicht nicht nur klimafreundliches Wirtschaftswachstum in Afrika, sondern trägt auch in Deutschland und anderen Industrienationen zu Klimaschutz und Wirtschaftswachstum bei.

Juli 2022 |  Autorin: Carolina Zishiri

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