Eröffnung des Montagewerks von Wilo in Kenia; Von links nach rechts: Belete Matebe, Geschäftsführer von Wilo East Africa, Alexander Fierley, Stv. Deutscher Botschafter in Kenia, Alice Wahome, Kenianische Ministerin für Wasserwesen, Michael Ranft, Senior Vice President des OEM-Segments der Wilo-Gruppe und Strategischer Berater für Afrika, Matthew Magwede, Vertriebsdirektor für Mittel- und Südafrika, und Maren Diale-Schellschmidt, Delegierte der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika

Eröffnung des Wilo Montagewerks in Kenia, von links nach rechts: Belete Matebe (Geschäftsführer Wilo East Africa), Alexander Fierley (Stv. Deutscher Botschafter in Kenia), Alice Wahome (Kenianische Ministerin für Wasserwesen), Michael Ranft (Senior VP OEM, Wilo Group), Matthew Magwede (Vertriebsdirektor, Mittel- und Südafrika), Maren Diale-Schellschmidt (Delegierte der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika).

Mit seiner über 150-jährigen Firmengeschichte hat der Dortmunder Pumpenhersteller Wilo jahrzehntelange Erfahrung auf internationalen Märkten, einschließlich auf dem afrikanischen Kontinent. Durch die Eröffnung eines eigenen Montagewerks im Juli 2023 in Nairobi erweitert Wilo von Kenia aus seine Präsenz in Ostafrika.

Im Interview erläutert Belete Matebe, Geschäftsführer von Wilo East Africa, die Vorzüge der lokalen Montage, die Standortvorteile in Kenia und die regionalen Expansionspläne des Unternehmens.

Klimawandel: Herausforderung und Geschäftsmöglichkeit zugleich

Herr Matebe, welche Chancen gibt es für Wilo in Ostafrika?

Belete Matebe, Geschäftsführer Wilo East Africa Wilo SE Belete Matebe, Geschäftsführer Wilo East Africa

Wir sehen in Afrika großes Wachstumspotenzial für unsere Lösungen. Der Kontinent ist besonders stark von globalen Megatrends wie Urbanisierung, Wasserknappheit und Energieengpässen betroffen. Auch die Einflüsse des Klimawandels werden immer deutlicher sichtbar. Das hohe Bevölkerungswachstum in den ostafrikanischen Märkten, vor allem in den Großstädten , macht einen Ausbau der Wasserversorgungsnetze dringend erforderlich. 

Aufgrund zunehmender Umweltprobleme sind Investitionen auch im Abwasserbereich notwendig. Kommunale Wasserversorger und private Unternehmen benötigen vermehrt Lösungen mit geringen Stromkosten. Der Klimawandel verschärft all diese Herausforderungen weiter. Mit unseren Produkten können wir hier zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Welche Vorteile bringt die eigene Montage mit sich?

Wir verstehen uns nicht als reiner Pumpenlieferant, sondern bieten unseren Kunden Lösungspakete an, die deutlich komplexer sind. Diese maßgeschneiderten Systeme erfordern die Nähe zum Kunden. Unsere Montage in Nairobi bringt viele Vorteile mit sich. Sie spart nicht nur Zölle, Transportkosten und Treibhausgasemissionen, sondern ermöglicht auch eine schnellere Lieferzeit. Bestellt ein Kunde, können wir binnen zwei Tagen liefern - viel schneller, als wenn das Pumpensystem erst per Container aus dem Ausland verschifft werden müsste. 

Auch können wir zahlreiche Komponenten kostengünstig vor Ort beschaffen. Mittlerweile liegt der Anteil der lokalen Komponenten bei rund 30 Prozent. In Zeiten fragiler Lieferketten macht uns das auch unabhängiger. Den Ansatz, möglichst nah beim Endverbraucher zu montieren und damit Wertschöpfung zu erzeugen, verfolgt Wilo weltweit. Um Pumpen vor Ort auf ihre Effizienz und ihren Energieverbrauch zu überprüfen, haben wir in unserer Montagehalle einen Pumpenprüfstand nach ISO 9906 Klasse 1B installiert – der erste seiner Art in Ostafrika.

Sie haben die Erschließung der ostafrikanischen Märkte maßgeblich mitgestaltet. Wie hat das angefangen?

2011 suchte Wilo sogenannte Pioniere für die Markterschließung in einigen afrikanischen Märkten. Ich war einer dieser Pioniere. Von meinem damaligen Standort in Addis Abeba aus begann ich, einen Kundenstamm in Äthiopien aufzubauen. Zu jener Zeit verfügte Wilo in Subsahara-Afrika lediglich über eine Tochtergesellschaft in Südafrika, die sich um die englischsprachigen Märkte kümmerte. Unsere Kollegen in Frankreich betreuten die frankophonen Länder des Kontinents. Es zeigte sich jedoch schnell, dass die wachsenden Absatzmärkte eine intensivere Betreuung erforderten. Innerhalb der ersten drei Jahre, also zwischen 2011 und 2014, haben wir den Umsatz verdreifacht. Im Jahr 2014 eröffneten wir schließlich ein Repräsentanzbüro in Addis Abeba.

Kenia punktet mit günstigen Standortfaktoren

Drei Jahre später folgte der Wechsel von Äthiopien nach Kenia. Was waren die Gründe für den Standortwechsel?

Nachdem das Geschäft weiterwuchs, stellte sich die Frage nach dem nächsten Schritt. In Äthiopien beschränkten sich unsere Aktivitäten auf die Geschäftsentwicklung und Marketing. Wir konnten jedoch keine Rechnungen ausstellen. Dafür brauchten wir ein Verkaufsbüro, aber das ist für ausländische Unternehmen in Äthiopien kaum möglich. Deshalb haben wir im Jahr 2017 beschlossen, ein regionales Verkaufsbüro in Nairobi zu eröffnen.

Und hat sich Nairobi als die richtige Wahl erwiesen?

Ja, Kenia war definitiv eine gute Wahl für uns. Die kenianische Wirtschaft ist im Allgemeinen liberal und die Regierung unterstützt traditionell den Privatsektor. Der Hafen in Mombasa erleichtert unsere Logistik, und Nairobi beherbergt als wichtiges Wirtschaftszentrum viele internationale Finanzinstitute, Unternehmensberatungen und auch potenzielle Kunden. Auch die Miet- und Lohnkosten sind in Nairobi im Vergleich zu Südafrika sehr moderat. Kenia ist außerdem politisch relativ stabil und liegt strategisch günstig in der Nähe weiterer, vielversprechender Märkte wie Uganda, Tansania und Ruanda.

Gibt es noch weitere Vorteile des Standorts Kenia?

Ein weiterer Pluspunkt für uns ist das relativ gute Angebot an Fachkräften in Kenia im Vergleich zu vielen anderen afrikanischen Ländern. Viele Menschen haben eine solide theoretische Ausbildung dank der Universitäten sowie technischen und beruflichen Bildungseinrichtungen. Sie brauchen in der Regel noch eine praktische Ausbildung, um ins operative Geschäft einsteigen zu können. Um diesen Bedarf zu decken, bieten wir auch technische Schulungen an unseren Produktionsstandorten in Indien, der Türkei, Südafrika und Dubai an. 

Vor Ort haben wir in Zusammenarbeit mit der GIZ und dem Kenya Water Institute Kooperationen mit technischen und berufsbildenden Einrichtungen gestartet. Das Ziel dieser Kooperationen ist es, Studenten auszubilden, noch bevor sie die Universität verlassen. Das steigert das Wissen über unsere Produkte auf dem Markt und verbessert gleichzeitig die Beschäftigungsfähigkeit der Jugendlichen.

Entscheidend: Lokales Marketing und Kundenkommunikation

Wie haben Sie die Marke Wilo auf dem kenianischen Markt etabliert?

Im Vergleich zu Äthiopien gibt es in Kenia einen stärkeren Wettbewerb, was kreative Geschäftsstrategien erfordert. Lokales Marketing ist hier sehr wichtig, um Aufmerksamkeit zu generieren und bekannter zu werden. Wir sind in den sozialen Medien wie LinkedIn sehr präsent, um die Sichtbarkeit bei der Zielgruppe zu verbessern. Darüber hinaus nehmen wir an vielen Messen in der Region Ostafrika teil, um direkten Kontakt mit den Kunden zu knüpfen. Übrigens haben uns die AHK Kenia und German Water Partnership sehr geholfen, insbesondere durch ihre Kenyan-German-Water-Week im Jahr 2017. Dies war eine gute Plattform für uns, um wichtige Akteure in Kenia kennenzulernen.

Wie unterscheidet sich Ihr Ansatz von dem asiatischer Wettbewerber?

Asiatische Produkte dominieren den Markt aufgrund ihres Preises. Unser Ansatz ist jedoch ein anderer: Wir konzentrieren uns nicht nur auf die Anfangsinvestitionen, sondern bemühen uns auch darum, unsere Kunden über die Betriebs- und Wartungskosten der Pumpen und Systeme während ihrer gesamten Lebensdauer aufzuklären. Wir haben auch laufende Projekte, bei denen veraltete Pumpen durch unsere energiesparenden Geräte ersetzt werden, zum Beispiel bei der Nakuru Water and Sewerage Company, einem der größeren kommunalen Wasserversorger in Kenia. Dadurch lassen sich erhebliche Summen bei den Stromrechnungen einsparen. Wenn wir den Markt für High-End-Pumpen separat betrachten, haben wir einen Marktanteil von etwa 5 bis 10 Prozent. Noch vor wenigen Jahren kannte uns in Kenia niemand - inzwischen haben wir uns erfolgreich etabliert.

Unsere Hauptkunden sind kommunale Wasserversorger, Industrie- und Landwirtschaftsunternehmen sowie Bauträger von Wohnbauprojekten oder gewerblichen Hochbauprojekten, wie Einkaufszentren oder Büros. So haben wir beispielsweise das Einkaufszentrum Business Bay Square (BBS) in Nairobi Eastleigh mit Wasserpumpen und Pumpsystemen für verschiedene Anwendungen ausgestattet. Das Projekt zählt zu den größten Einkaufszentren in Afrika.  Ein weiteres Referenzprojekt in Kenia ist der Central Bank of Kenya (CBK) Pension Tower in Nairobi, ein ikonisches Bürogebäude im zentralen Geschäftsviertel.

Von Kenia aus in weitere Märkte Ostafrikas expandieren

Was sind weitere Referenzprojekte in Ostafrika?

Wir machen immer noch einen großen Teil des Geschäfts in Äthiopien, obwohl sich die politische und wirtschaftliche Lage in letzter Zeit verschlechtert hat. Unser größtes Projekt dort ist die Wasserversorgung der Stadt Harar über eine 75 Kilometer lange Pipeline von der Großstadt Dire Dawa, die einen Höhenunterschied von etwa 1.000 Metern überwindet. Wir erhalten weiterhin interessante Aufträge aus Ländern wie Sudan und Somalia. In Sudan spielt die landwirtschaftliche Bewässerung eine wichtige Rolle, und in Somalia arbeiten wir mit einem privaten Wasserversorger in der Hafenstadt Kismayo zusammen, der Grundwasserquellen anzapfen will. Darüber hinaus haben wir in Ruanda Projekte im Bereich „Heizung, Lüftung, Klima“ (HLK) realisiert, darunter die Lieferung von 150 Pumpen für das Kongresszentrum in Kigali. In Uganda haben wir Wasserpumpen und Pumpensystemlösungen für das erste Tier-3-Rechenzentrum geliefert und in Tansania waren wir Zulieferer für das Wasserversorgungssystem in Dodoma.

Was planen Sie für die kommenden Jahre in der Region?

Wir möchten in unseren bestehenden Märkten stabil bleiben und darüber hinaus „weiße Flecken“ wie Uganda, Tansania und Ruanda erschließen. Außerdem wollen wir unser Produktportfolio für Ostafrika erweitern, um Schritt für Schritt in neue Marktsegmente vorzustoßen und damit auch unsere regionale Wertschöpfungstiefe zu erhöhen. Wir fördern auch weiterhin Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz in der Region, indem wir veraltete und energieaufwendige Pumpen durch hocheffiziente Modelle ersetzen. Mit diesen Ansätzen wollen wir unseren Beitrag zur ressourceneffizienten Wasserversorgung und damit nachhaltigen Entwicklung Ostafrikas leisten.

Das Interview führte Carsten Ehlers von Germany Trade & Invest im September 2023.

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