
Global South Holding GmbH
Kartoffelanbau in Kenia - Cooperation
Thomas Behrens ist "Pitches" gewohnt, das ist dem Startup-Unternehmer vor der Kamera anzumerken. Der ehemalige Porsche-Manager sucht weitere Kapitalgeber für seine aktuelle Firma Global South in Kenias Kartoffel-Business. Er muss den Anbau erst mühsam in Gang bringen. Im Gespräch berichtet er von traumhaften Absatzbedingungen und erklärt, was Kenias Pommes-Krise damit zu tun hat.
Herr Behrens, Sie haben zwei Tech-Firmen in Deutschland gegründet, jetzt kümmern Sie sich um Kartoffeln in Kenia. Wann macht Ihr Venture dort Gewinn?

Ich hoffe ab nächstem Jahr. 2024 haben wir 550 Tonnen verkauft, die Gewinnschwelle dürfte bei jährlich gut 3.000 Tonnen liegen.
Was machen Sie genau?
Mit unseren aktuell zehn Mitarbeitern vor Ort unterstützen wir kenianische Landwirte beim Anbau von Kartoffeln.Diese kaufen wir ihnen ab, um sie dann zu vermarkten. Unsere Partner sind Kooperativen mit jeweils 20 bis 40 Bauern, bisher in zwei Bezirken. Ein deutscher Agrarexperte leistet Unterstützung. Davor haben wir eine Holding in Deutschland gegründet, vor allem weil man hierzulande besser an Finanzierungen kommt.
Der Markt für Kartoffeln in Kenia ist da?
Darüber muss man sich keine Gedanken machen. Vielleicht haben Sie vor ein paar Jahren von Kenias Pommes-Krise gehört. Kentucky Fried Chicken musste wegen fehlender einheimischer Lieferungen den Großteil der Kartoffeln für Pommes Frites importieren. Das Problem besteht grundsätzlich fort. Der Kartoffelmangel gilt als ein wichtiger Grund, warum andere internationale Fastfoodketten nicht in Kenia vertreten sind.
Sind industrielle Verarbeiter aktuell Ihre Hauptkunden?
Ja. Das meiste verkaufen wir an einen Pommes-Hersteller sowie an Kenias größten Hersteller von Kartoffelchips. Wir könnten noch viel mehr absetzen, auch bei anderen Kunden, schaffen diese Mengen aber gar nicht. Die Verarbeiter brauchen stetig ganz bestimmte Sorten und Qualitäten. Darauf haben wir uns spezialisiert. Weil sie das sonst kaum bekommen, zahlen uns die Kunden verlässlich gute Preise.
Wie viele Kartoffeln brauchen solche industriellen Verarbeiter in Kenia im Jahr?
Aktuell um die 300.000 Tonnen. Das ist ein Markt von 100 Millionen Euro. Und die Nachfrage nach Pommes, Chips & Co. steigt. Wenn die Versorgung mal besser läuft, dürfte das weitere Verarbeiter ins Land locken.
Sind Kartoffeln in Kenia auch jenseits der verarbeitenden Industrie gefragt?
Ja. Grob gerechnet gibt es 1,8 Millionen Tonnen einheimische Kartoffeln für eine Nachfrage von 2,8 Millionen Tonnen. In Kenia liegt der Hektarertrag bei 8 Tonnen, in Deutschland sind es 40 bis 70. Und das, obwohl die natürlichen Anbaubedingungen insgesamt gut sind.
Wieso liefert Kenias Landwirtschaft nicht genug?
Die Kleinbauern, welche die meisten Kartoffeln erzeugen, kommen nicht an Finanzierungen. Ihnen fehlt das Geld für alles, auch für eine Bewässerung. Deshalb setzen und ernten alle zur selben Zeit - mit entsprechender Angebotsschwemme samt niedrigen Verkaufspreisen. Außerhalb der Erntezeit hingegen herrscht Mangel, weil sich die Kartoffeln aufgrund fehlender Kühlmöglichkeiten kaum lagern lassen. Uns hilft dabei übrigens, dass unsere Spezialsorten für die Verarbeiter einen Monat später als das Gros der Pflanzungen reif werden. Die Schwemme ist dann vorüber und die Preise sind besser.
Mehr Kühlhäuser könnten also Abhilfe schaffen?
Sie standen zumindest im Zentrum unseres Geschäftsplans. So war ich überhaupt erst auf Kenia gekommen: Ein Freund hatte für seinen Arbeitgeber, einen deutschen Industriekonzern, in Afrika Absatzmärkte für Speicherbatterien für Solarstrom eruiert. An Industrie als Kundschaft gab es da nicht viel, das war schnell klar, dafür Landwirtschaft. Der Konzern arbeitete ein umfassendes Konzept aus und analysierte Wertschöpfungsketten - nur um das Projekt nach zweieinhalb Jahren zu stoppen. Landwirtschaft sei nicht der Fokus des Unternehmens, hieß es aus dem leitenden Management.
Sie übernahmen die Idee und gründeten mit dem Freund die Firma?
Genau. In Afrika verrotten um die 40 Prozent der landwirtschaftlichen Ernte, vor allem wegen fehlender Kühlhäuser. Das ist auch bei Kartoffeln so. Mit einer Kühlung ließen die sich auch außerhalb der Erntesaison verkaufen. Die Bauern würden höhere Preise erzielen und hätten das gesamte Jahr über ein stabiles Einkommen.
Sie stellen die Kühlung jetzt zur Verfügung und das Problem ist gelöst?
Von wegen. Wir haben gemerkt, dass wir viel früher in der Wertschöpfungskette einsteigen müssen, und zwar beim Anbau. Dabei fehlt es an allem, an Dünger, Pflanzenschutz bis hin zu ausreichendem Fruchtwechsel. Vor allem aber an geeignetem Saatgut. Deshalb haben wir nun sogar eigene Saatgutbetriebe gegründet. Die ersten Erfolge haben sich schnell eingestellt. Unsere Erzeuger haben ihre Erträge bereits auf 20 Tonnen pro Hektar gesteigert.
Wie sind Ihre weiteren Pläne für das Projekt?
Wir wollen weitere 300 bis 400 Bauern in unser Programm aufnehmen, um auf die angestrebte Produktion zu kommen. Um das Geschäft stabil in Gang zu bringen, brauchen wir grob überschlagen eine weitere Million Euro.
Wie finanzieren Sie das?
Aus Eigenmitteln haben wir bisher fast 400.000 Euro investiert, hauptsächlich von mir selbst. Geld kam auch von fünf Business Angels. Unlängst bekamen wir die Zusage für einen Zuschuss über 100.000 Euro von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) aus deren Programm develoPPP Ventures, gebunden an einen Beitrag durch uns in derselben Höhe.
Ihr Projekt verbindet Entwicklungszusammenarbeit mit Marktprinzipien...
Die Bauern produzieren nicht nur mehr und bekommen dafür mehr Geld. Wir geben ihnen das, was sie sich sonst nicht leisten können, nämlich Saatgut, den Dünger und so weiter, zunächst kostenlos. Erst beim Ankauf nach der Ernte ziehen wir die Kosten von der Kaufsumme ab. Die DEG hat bei ihrer Prüfung tatsächlich alles auf den Kopf gestellt und auch mit den Bauern gesprochen.
Andere Kapitalgeber finden Sie auch?
Das ist nicht einfach. Ich habe sie alle abgeklappert, von Wagniskapitalgebern und Impact Funds bis hin zu Entwicklungsbanken. Für die sind wir mit unserem Projekt aber zu klein, anfangs auch für die DEG. Wegen der hohen Transaktionskosten finanzieren viele Partner erst ab höheren Summen. Hilfreich war, dass bei uns schon das erste Jahr gut lief, mit 80.000 Euro Umsatz und doppelt so viel im Folgejahr. Das war der Proof of Concept. Potenzielle Geldgeber sehen damit, dass unser Geschäftsmodell funktionieren kann.
Gibt es keine Wettbewerber, bei diesen Absatzchancen?
Ich kenne da nur ein US-amerikanisches Startup. Während wir aber auf Kühllager setzen, ist deren Ansatz die Bewässerung. Die Kartoffeln lassen sich so das ganze Jahr über anbauen und auch jenseits der Hauptsaison verkaufen, was bessere Preise bringt. Das Startup pachtet zudem die Flächen von den Bauern und baut sie selbst an.
Eigentlich haben Sie wegen der Kühlhäuser angefangen. Die sind aber gar nicht mehr das Problem?
Kühlung benötigen wir bisher tatsächlich nur wenig, weil uns die Kartoffeln gleich aus der Hand gerissen werden. Für den begrenzten Bedarf mieteten wir Kühlflächen in Nairobi an. Später bekamen wir ein zweites, praktisch neues Kühlhaus in einem anderen Bezirk dazu, das davor zwei, drei Jahre leer gestanden war. Und dies mietfrei für fünf Jahre, wir bezahlen nur für Strom und sonstigen Unterhalt. Angesichts der schwankenden Stromversorgung mussten wir nur noch für 8.000 Euro einen automatischen Spannungsregler kaufen. Jetzt haben wir noch auch einen Gabelstapler für knapp 20.000 Euro bestellt.
Wieso bekommen Sie denn ein Kühlhaus kostenlos zur Nutzung?
Der dortige Gouverneur gab es uns gegen die Zusage, die Kartoffelbauern in seinem Bezirk beim Anbau zu unterstützen. Das passte, wir hatten ja ohnehin weitere Produktionspartner gesucht. Neben diesem Kühlhaus steht übrigens ein weiteres, das ebenfalls nicht genutzt wird. Beide Häuser wurden von internationalen Gebern finanziert und einer niederländischen Firma gebaut, speziell für die Lagerung von Kartoffeln. Das war wohl auch der Grund, warum man sie nicht nutzte - weil der Bezirk wegen der Anbauprobleme zu wenig Kartoffeln produzierte. Aber das wollen wir ja jetzt ändern.
Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im Juni 2025.