Äthiopien gehörte im letzten Jahrzehnt zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften weltweit. Der bewaffnete Konflikt in Tigray und anderen Regionen des Landes hat diesen dynamischen Entwicklungskurs jedoch in Frage gestellt. Mit mehr als 120 Millionen Menschen bleibt der potenzielle Absatzmarkt groß.
Ob und wann das zweitbevölkerungsreichste Land Afrikas an seine vergangenen Wachstumsraten anknüpfen kann, ist offen. Zunächst muss der innere Frieden im Vielvölkerstaat Äthiopien hergestellt sein, damit die Wirtschaft wieder in Gang kommt.
Landwirtschaft und Bergbau sind die bedeutendsten Sektoren. Ausfuhrgüter sind neben Kaffee vor allem Gold, Textilien, Lederwaren und Schnittblumen. In Zukunft könnte der Export von Strom, Mineralien, Erdgas und Weizen für weitere Einnahmen sorgen. Devisenmangel, eine hohe Inflation und politische Instabilität fordern den Staat allerdings heraus.
Die Politik Äthiopiens zielt auf eine Liberalisierung der Wirtschaft, den Ausbau der Infrastruktur und die Anziehung ausländischer Investitionen. Im Mobilfunk oder der Nahrungsmittelindustrie zeigen sich bereits Erfolge, die Öffnung anderer Bereiche wie dem Einzelhandel oder Bankensektor birgt große wirtschaftliche Chancen.
Regional sorgt der Grand Ethiopian Renaissance-Staudamm für ein angespanntes Verhältnis zu den nilabwärts gelegenen Staaten Sudan und Ägypten. Seinen Zugang zum Meer sichert Äthiopien über Dschibuti und weitere Häfen am Horn von Afrika. Der Flughafen Addis Abeba ist der internationale Hub für das "landlocked country" und eines der größten afrikanischen Luftfahrtdrehkreuze.
Das Länderprofil wurde zuletzt im Februar 2023 aktualisiert.

GTAI
Afrika-Experte Carsten Ehlers
Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist groß, nachdem Ende 2022 der Tigray-Konflikt für beendet erklärt wurde. Wenngleich der Frieden fragil ist, überwiegt in Äthiopien der Optimismus, dass es nun aufwärts geht, auch wirtschaftlich. Sollte der Beschluss Bestand haben, dürften internationale Geber auf Eis gelegte Hilfsgelder wieder auszahlen. Auch dürften sich private Investoren wieder mehr für den riesigen und weitgehend unerschlossenen Markt interessieren.
Carsten Ehlers Korrespondent für Ostafrika bei Germany Trade & Invest
Daten und Fakten Äthiopien
Potenzialbranchen
Energiewirtschaft | Investitionen von 40 Milliarden US-Dollar sollen in den nächsten Jahren in den Ausbau von erneuerbaren Energien fließen. Dabei setzt die Regierung vor allem auf Wasserkraftprojekte sowie Geothermie- und Windkraftanlagen. Größtes Vorhaben ist das umstrittene GERD-Staudammprojekt nahe der sudanesischen Grenze, das derzeit zu etwa 85 Prozent fertiggestellt ist. Drei Windfarmen laufen bereits, zwei weitere befinden sich im Bau, zudem gehen Erdwärme-Bohrungen voran. Ein weiteres Projekt bildet der Ausbau von Übertragungsleitungen, unter anderem nach Kenia (Ethiopia-Kenya-Electricity Highway), finanziert von der Weltbank. |
Bauwirtschaft | Staatliche Infrastrukturaufträge gehen zurück, die Regierung wird aber weiterhin mit Hilfe der internationalen Geber in die Infrastruktur investieren. Lieferchancen in der Baubranche bestehen reichlich - allerdings erschweren die knappen Devisen die Geschäfte. Deutsche Unternehmen können in erster Linie bei komplexen Bauprojekten als Berater unterstützen sowie in der lokalen Baustoffproduktion. |
Gesundheitswirtschaft | Noch wird der Gesundheitsmarkt staatlich kontrolliert. Äthiopiens Regierung will ihn jedoch privatisieren. Sollte die Öffnungspolitik umgesetzt werden, so entstehen verschiedene Chancen für private Investitionen. Interessante Bereiche sind Labore, Röntgendiagnostik und Onkologie. Auch Lieferchancen sind vorhanden, werden jedoch durch den Mangel an Devisen erschwert. |
Landwirtschaft | Äthiopien muss die lokale Nahrungsmittelproduktion aufgrund der wachsenden Bevölkerung dringend ausbauen. Für deutsche Unternehmen bestehen Zuliefer- und Investitionschancen. Private Investitionen fließen vorrangig im Agro-Processing. Wichtigstes Exportgut des Landes ist Kaffee, rund ein Fünftel davon geht nach Deutschland. Der Export von Hortikultur, wie Schnittblumen und Avocados dürfte weiterhin wachsen. |
Nahrungsmittel | Angesichts einer jährlich um fast 3 Millionen Einwohner wachsenden Bevölkerung erweitern Hersteller von Getränken, Nahrungsmitteln oder Hygieneartikeln ihre Kapazitäten. Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sind deshalb einer der größten Posten deutscher Lieferungen nach Äthiopien. |
Textil und Bekleidung | Die Pandemie hat die vormals florierende Textilbranche hart getroffen. Nun könnten Äthiopiens Bekleidungsexporteure massiv darunter leiden, dass die USA zum 1.1.2022 wegen des bewaffneten Konflikts ein wichtiges Handelsabkommen aufgekündigt haben, das bevorzugten Marktzugang für viele Waren ermöglichte. |
IT und Telekommunikation | |
Umwelt und Wasser | Vor allem internationale Geber finanzieren zahlreiche Wasserprojekte in Äthiopien, darunter das “Second Urban Water Supply and Sanitation Project“ (UWSSP). Es soll bis 2023 die Abwasserentsorgung von Addis Abeba ausbauen. |
Der Branchencheck Äthiopien enthält weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen und Links zu ausführlichen Branchenberichten.
Marktzugang
Rechtlicher Rahmen, Gründen, Investieren
Mehr zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Äthiopiengeschäfte: |
Gewerbliche Wareneinfuhr und Zoll
Mehr zu Äthiopiens Zoll- und Einfuhrbestimmungen: |
Arbeitsmarkt und Löhne
Die Bezahlung für einfache Tätigkeiten ist in Äthiopien sehr niedrig, mittlere Einkommen gibt es kaum und im Management fallen die Gehälter relativ hoch aus. Gerade außerhalb der Hauptstadt fällt es Unternehmen schwer, gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Viele beklagen eine hohe Fluktuation in ihren Betrieben. Zudem erfüllen Bewerber oft nicht die Anforderungen in der Praxis, sodass Firmen ihre neuen Mitarbeiter erst einmal innerbetrieblich schulen müssen.
Einen detaillierten Überblick über die Lage am Arbeitsmarkt, Löhne und den arbeitsrechtlichen Rahmen in Äthiopien gibt die GTAI-Publikation Lohn- und Lohnnebenkosten Äthiopien.
Das Kompetenzzentrum Berufsbildung (Skills Expert Projekt) der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika bietet deutschen und lokalen Unternehmen sowie Bildungsanbietern Informationen und Beratung rund um das Thema Berufsbildung.
Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen
Viele Vorhaben der äthiopischen Regierung werden von internationalen Gebern wie der Weltbank und der EU unterstützt, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung voranzutreiben. Finanziert werden z.B. Projekte zur Ernährungssicherung, Verbesserung der Wasser- und Abwasserversorgung oder Elektrifizierung. Allein die Weltbank sagte 2018 Finanzierungen in Höhe von 3,2 Milliarden US-Dollar zu. Schwerpunkte der deutschen bilateralen Zusammenarbeit sind berufliche Bildung, Sicherung der Ernährung, Landwirtschaft und der Schutz natürlicher Ressourcen. Aus diesen Vorhaben resultieren eine Vielzahl von Ausschreibungen für Consulting-Leistungen, Produkte der Wasser- und Abwassertechnik und viele weitere Güter, auf die sich auch deutsche Unternehmen bewerben können:
Einen Überblick über Geschäftschancen bei öffentlichen Aufträgen gibt Germany Trade & Invest (GTAI) im Bericht Entwicklungszusammenarbeit mit Äthiopien. Bei GTAI finden Sie zudem aktuelle
Kontakte und weiterführende Links
Beratung für Ihr Äthiopien-Geschäft
Ansprechpartner vor Ort
Weiterführende Informationen
- GTAI Länderseite Äthiopien
- Äthiopien: Wachstumsbranchen für unsere Unternehmen – Marktstudie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg, 2021
- Euler Hermes Export- und UFK-Garantien: Informationen zur Deckungspraxis in Äthiopien
- Investitionsgarantien des Bundes für Projekte in Äthiopien
- Reise und Sicherheitshinweise vom Auswärtigen Amt für Äthiopien
- Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V.