Ingenieurin Hadeer Kalifa überprüft ein Bedienfeld und Kabel im AfDB-finanzierten Solarpark Benban in Ägypten

Martin Kipping ist einer der 20 Exekutivdirektoren der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB). Im Interview erklärt er, wie deutsche Unternehmen von den Angeboten der Bank profitieren können. Zudem gibt er Ratschläge, worauf deutsche Unternehmen bei AfDB-finanzierten Projekten achten sollten. Die AfDB mit Hauptsitz in Abidjan, Côte d'Ivoire, finanziert jährlich Entwicklungsprojekte im Wert von rund 10 Milliarden Euro in ganz Afrika.

Vor allem für afrikanische Unternehmen interessant: das Privatsektorgeschäft

Die AfDB finanziert sowohl privatwirtschaftliche Vorhaben als auch Projekte des öffentlichen Sektors. Wie läuft das Privatsektorgeschäft? Wie können deutsche Unternehmen davon profitieren?

Dr Martin Kipping Moustafa Cheaiteli for AfDB Dr. Martin Kipping

Für Privatsektorvorhaben verfügt die Bank über eine große Bandbreite an Instrumenten: So vergeben wir Darlehen, Nachrangdarlehen, Garantien und Eigenkapital an private Unternehmen. Wir arbeiten hier stark mit Finanzintermediären und Geschäftsbanken in Afrika zusammen, denen wir Kreditlinien oder Mittel zur Handelsfinanzierung anbieten, um bestimmte Wirtschaftssegmente zu fördern.

Die Banken geben die Finanzierung dann an private Unternehmen weiter, vor allem an kleine und mittlere Unternehmen. Diese Unternehmen sind zu klein, als dass wir ihnen direkt Darlehen geben können.

Die lokalen Banken werden diese Kredite dann wahrscheinlich eher an lokale Unternehmen weitergeben, richtig?

Ja, denn das ist unsere Zielsetzung: Wir wollen nachhaltige Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Afrika unterstützen. Dafür fördert die AfDB das Wachstum des inländischen Privatsektors.

Ferner könnten wir grundsätzlich auch einem in Deutschland registrierten Unternehmen ein Darlehen oder eine Garantie geben, wenn es damit eine Investition in Afrika tätigt, die starke Entwicklungswirkung vor Ort erwarten lässt. Ich habe das in meiner Tätigkeit bei der AfDB bisher noch nicht gesehen, aber grundsätzlich besteht diese Möglichkeit nach unseren Regelungen zum Privatsektorgeschäft (NSO Policy) von 2018.

Wie Unternehmen über öffentliche Ausschreibungen ins Geschäft mit der AfDB kommen

Es mag zunächst nicht intuitiv erscheinen, aber im Bereich des AfDB-Geschäfts mit dem öffentlichen Sektor ergeben sich größere Geschäftschancen für deutsche Unternehmen als im Privatsektorgeschäft.

Denn wenn die Bank ein Projekt in einem Mitgliedsland in Afrika finanziert, schreiben die durchführenden Institutionen wie Ministerien oder Energie- und Wasserversorger diverse für das Projekt benötigte Leistungen international aus. Darauf können sich deutsche Unternehmen bewerben.

Wie sieht der Ausschreibungsprozess aus?

Die Ausschreibungen werden über die Website der AfDB angekündigt. Dabei gibt es zunächst eine General Procurement Notice, eine Mitteilung à la: Dieses Projekt wurde gebilligt, das sind die Ansprechpartner, das ist die umsetzende Behörde im Kundenland, darum geht‘s und folgende Ausschreibungen sind geplant.

Wenn es dann an die Einzelausschreibungen geht – häufig ist es ja nicht nur ein Paket, sondern mehrere Lose, die ausgeschrieben werden – folgen sogenannte Special Procurement Notices. Diese werden auch wieder auf unserer Website veröffentlicht. Dazu kann man sich über einen RSS-Feed auch automatisch benachrichtigen lassen.

Was können Unternehmen sonst tun, um sich über Geschäftsmöglichkeiten mit der AfDB zu informieren?

Wir bieten halbjährlich – normalerweise als Videokonferenz, aber auch face-to-face – Business Opportunities-Seminare an. Diese richten sich an Unternehmen, die sich auf bankfinanzierte Ausschreibungen bewerben wollen. Bei den Seminaren erläutert das Management die Geschäftsfelder der Bank und erklärt, wie die Ausschreibungsprozeduren laufen. Unternehmen können dort Kontakt aufnehmen und so auch ein besseres Gefühl für die Aktivitäten der Bank bekommen. Das ist sinnvoll, gerade wenn sie neu am Markt sind.

Ferner kann man sich natürlich auf unserer Website informieren. So erstellt die Bank beispielsweise Länderstrategien, in denen jeweils eine vorläufige Projekt-Pipeline enthalten ist, also grob: Welche Sektoren wollen wir in dem Land in den nächsten Jahren mit welchen Vorhaben bedienen?

Auf unserer Website kann man außerdem alle vergebenen Aufträge seit 2019 bis hin zu den einzelnen Finanzdaten abrufen.

Wie sollten deutsche Unternehmen vorgehen, wenn sie dann ins Ausschreibungsgeschäft einsteigen wollen?

Der Rat ist eigentlich immer: frühzeitige Kontaktaufnahme mit den ausschreibenden Stellen vor Ort. Da sollte man spätestens, wenn die General Procurement Notice rausgeht, die Fühler ausstrecken, um für die Angebotsabgabe möglichst gut aufgestellt zu sein. Lokale Partnerschaften mit afrikanischen Unternehmen und ein Büro vor Ort zahlen sich sehr aus und helfen dabei, eine Idee zu den Projekt-Pipelines zu bekommen.

Man kann außerdem mit den Fachexpertinnen und -experten in der Bank Kontakt aufbauen und pflegen. Die sind interessiert an einem fachlichen Austausch, beispielsweise zu neuen Technologien, was für Innovationen möglich sind und welche übergreifenden Entwicklungen die Unternehmen in ihren Sektoren sehen.

Die Unternehmen können durch diese Gespräche ein besseres Gefühl dafür bekommen, was von der Bank in naher Zukunft wahrscheinlich finanziert wird und welche neuen Akzente gesetzt werden.

Was ist sonst zu beachten?

Es ist sehr wichtig, dass man sich auf Punkt und Komma an die Ausschreibungsunterlagen hält.

Sonst fällt man aus formalen Gründen raus. Das ist immer wieder etwas, wo manche Unternehmen zu kreativ sind.

Unternehmen sollten die Chancen nicht unterschätzen

Wie sieht es mit der Konkurrenz aus?

Bei großen Bauvorhaben, auch im Bereich der Erneuerbaren Energien, spielt beispielsweise China eine wichtige Rolle. Das heißt aber nicht, dass deutsche Unternehmen deshalb aus dem Spiel wären. Es gibt großes Potenzial, dass deutsche Unternehmen mit ihrer besonderen Expertise in Kooperationsangeboten auftreten. Da kommt dann vielleicht nicht die Hardware aus Deutschland, aber die Energiesystemplanung von einer deutschen Firma.

Afrika hat kein gutes Image in Bezug auf Transparenz und Rechtssicherheit. Was entgegnen Sie Unternehmen, die bei Bankprojekten in Afrika skeptisch sind?

Mir selbst ist so eine Pauschalskepsis noch gar nicht begegnet – die wäre auch unangebracht.

Aber gerade, wenn Unternehmen Vorbehalte haben, sind multilaterale Entwicklungsbanken wie die AfDB mit die beste Option, um ein transparentes und faires Ausschreibungsverfahren zu bekommen. Wir schreiben hier nach internationalen Standards aus und begleiten die Ausschreibungen sehr eng.

Für den Bedarfsfall hat die Bank auch Beschwerdemechanismen. Man sollte sich natürlich zuerst an die ausschreibende Behörde wenden, wenn etwas unklar ist oder eine Frist unfair kurz ist. Aber wenn diese keine überzeugende Antwort gibt, dann kann und sollte man sich an die Bank wenden. Der entsprechende Kontakt ist in allen Ausschreibungsunterlagen enthalten.

Deutsche Unternehmen sind nicht sehr stark als Auftragnehmer in AfDB-finanzierten Projekten vertreten. Woran kann das liegen?

Ich glaube, es liegt häufig an der hohen Risikoperzeption. Die geht einher mit mangelnder Vor-Ort-Präsenz und oft mit einer mangelnden Kenntnis der Chancen. Ein weiterer Grund ist, dass es beispielsweise für die großen Infrastrukturvorhaben, die wir finanzieren, kaum aktive deutsche Bauunternehmen in Afrika gibt.

Es bleibt jedoch dabei, dass Afrika nach Asien im Schnitt der dynamischste Kontinent ist, mit den höchsten Wachstumsraten und einer wachsenden Bevölkerung. Diese bringt zwar Herausforderungen mit sich, bietet aber mit sehr jungen, ambitionierten und innovativen Menschen auch enorme Chancen. Was hier beispielsweise an IT-Lösungen möglich ist, kann sich wirklich sehen lassen.

Das Interview führte Laura Sundermann von Germany Trade & Invest im Februar 2025.

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