Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas. Sie ermöglicht neue Geschäftsmodelle, etwa in Handel und Logistik, im Agrobusiness oder im Gesundheitswesen. Auch deutsche Unternehmen können davon profitieren.

Afrika ist digital

Mobile Banking Angebote, wie der kenianische Dienst M-Pesa, zählen zu den größten Erfolgsgeschichten Afrikas. Sie läuteten die Digitalisierung des Kontinents ein und trieben die wirtschaftliche Entwicklung voran. Möglich machte dies ein massiver Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur auf Basis des Mobilfunks. Statt in den Ausbau von Festnetzen auf dem riesigen Kontinent zu investieren, übersprang Afrika einfach eine Entwicklungsstufe. Dieses "Leapfrogging" ermöglichte Innovationen, höhere Produktivität und stärkere globale Konnektivität.

Was im Mobilfunk möglich war, könnte Afrika auch in anderen Sektoren erreichen, etwa in den Bereichen Fintech, E-Logistik, E-Agrobusiness, Digital Health oder Online-Handel. Davon profitiert nicht nur Afrikas Wirtschaft, sondern auch deutsche Unternehmen, die in Afrika aktiv sind. Sie haben besseren Zugang zu Finanz- und Logistikdienstleistungen, können globale Lieferketten weiter ausbauen oder neue Geschäftsmodelle etablieren.

5,2

In Afrikas IKT-Sektor flossen 2021 ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 5,2 Mrd. US-Dollar 

8

Im Jahr 2020 trugen mobile Technologien und Dienstleistungen 8 Prozent zum BIP Subsahara-Afrikas bei.

48

48 Prozent der afrikanischen Bevölkerung besaß 2020 ein Smartphone. 

Quelle: UNCTAD, World Investment Report, April 2021; IHK Subsahara-Afrika-Blog

Afrikas Staaten fördern IKT-Sektor

Voraussetzung dafür ist der zügige weitere Ausbau der digitalen Infrastruktur in Afrika. Regierungen und Privatwirtschaft investierten bereits hohe Summen in Unterseekabel, Satelliten, Datenzentren, Mobilfunknetze und Cloudsysteme. Laut UNCTAD gingen allein 2020 rund 44 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen (FDIs) in Afrikas Informations- und Kommunikationsindustrie (IKT) – mehr als in jeden anderen Sektor.

Zahlreiche afrikanische Staaten haben die digitale Transformation als Schlüsselprogramme in ihre nationalen Entwicklungspläne aufgenommen. Sie wollen vor allem bessere Rahmenbedingungen für unternehmerisches Engagement schaffen und eine zuverlässige IKT-Infrastruktur bereitstellen. Ruanda hat sein Bildungs- und Gesundheitswesen bereits digitalisiert und bietet Verwaltungsservices über die elektronische Plattform Irembo. Aber auch die Regierungen in Ghana, Ägypten oder Uganda treiben die Digitalisierung voran. Ägypten digitalisiert seit Juli 2021 seine Zollabwicklung – zunächst im Schiffsverkehr und ab 2022 dann auch die Luftfracht. Dies verkürzt die Zollabfertigung von 28 auf 5 Tage.

Überall auf dem Kontinent entstehen private und staatliche Tech Hubs Seit Anfang 2014 wuchs ihre Anzahl laut Weltbank um rund 15 Prozent. Länder wie Ägypten, Kenia, Ghana, Nigeria und Südafrika zählen zu den Vorreitern. In Kenias "Silicon Savannah" haben sich etablierte Tech-Unternehmen wie Facebook, Microsoft, IBM oder Intel niedergelassen. Diese Tech Hubs erzeugen einen Schneeballeffekt. Sie ziehen private Investitionen an, verbessern Forschung und Entwicklung und fördern das Unternehmertum.

Breitbandinternet: Treiber für Wirtschaftswachstum

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Ein Breitbandausbau von 10 Prozent könnte laut IWF in Subsahara-Afrika bis zu 4 Prozent BIP-Wachstum bewirken.

Besonders wichtig für Afrika ist der mobile Breitbandausbau. Denn schnelles Internet ermöglicht nicht nur den Menschen vor Ort Zugang zu digitalen Services. Es wertet zudem die afrikanischen Länder als Wirtschaftsstandort für lokale und ausländische Investoren und Unternehmen auf.

Laut Weltbank hat sich die Anzahl der Breitbandanschlüsse in Afrika zwischen 2010 und 2018 fast verzwanzigfacht. Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung Afrikas zusätzlich beschleunigt. Nicht nur in Unternehmen, sondern auch bei den zahlreichen kleinen Gewerbetreibenden. Ende 2020 nutzte fast die Hälfte der Bevölkerung Subsahara-Afrikas ein Smartphone, davon 12 Prozent im schnellen 4G-Netz. Viele bauen per Mobiltelefon ein eigenes "business" auf, etwa im Fahrservice, im Handel oder im Agrarsektor.

Für viele Menschen sind jedoch die hohen Kosten für mobile Daten und Endgeräte weiterhin ein Hindernis. In Afrika bezahlen Nutzer im Schnitt 57 Prozent mehr für Internet als in Europa und das bei viel niedrigeren Durchschnittseinkommen. In Sachen Digitalisierung gibt es zudem große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen und Staaten. So liegt der Anteil der Internetnutzer an der Bevölkerung im südlichen Afrika bei 62 Prozent, in Zentralafrika sind es nur 26 Prozent.

Fintechs: Mobile Finanzservices ersetzen Bankkonto

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Zwischen 2017 und 2020 ist der Umsatz im E-Commerce laut Statista um 154 Prozent gestiegen.

M-Pesa ist das wohl bekannteste Beispiel: 2020 hatte der kenianische Online-Bezahldienst bereits 41,5 Millionen Kunden in Afrika, knapp 42 Prozent mehr als noch 3 Jahre zuvor. Das Bezahlen mit dem Mobiltelefon ist inzwischen in sieben afrikanischen Ländern weit verbreitet. Laut IWF haben mobile Geldtransaktionen in Subsahara-Afrika einen durchschnittlichen Anteil am BIP von 25 Prozent. Im Rest der Welt sind es nur fünf Prozent.

Die Dienste ermöglichen Geldtransfers selbst mit den einfachsten Handys - und das grenzüberschreitend. Fintechs sind gerade in Afrika so erfolgreich, weil viele Menschen keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Nur wenige haben ein klassisches Bankkonto. Weitere Fintech-Angebote sind auf dem Vormarsch: So können Nutzer etwa Mikrokredite oder Versicherungen per Handy komplett digital abwickeln. Gerade in ländlichen Regionen profitieren Menschen von diesen Services. Mobile Finanzdienstleistungen haben auch Vorteile für deutsche Unternehmen, die in Afrika Geschäfte machen. So reduzieren sich zum Beispiel die Transaktionskosten bei Gehaltsabrechnungen oder Lieferantenzahlungen.

Digitale Finanzdienstleistungen sind außerdem Voraussetzung für den weiteren Ausbau des (Online)-Handels. Die nigerianische E-Commerce-Plattform Jumia etwa arbeitet mit dem Zahlungsdienstleister Paystack zusammen. Der Online-Lieferservice Copia ist in Kenia und Uganda aktiv. Zusätzlich zum Online-Handel bietet das Unternehmen integrierte FinTech-Dienstleistungen für den im B2B-Bereich an, etwa Betriebsmittelkredite für Zwischenhändler. 

E-Logistik: Ausbau globaler Lieferketten

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Mit der neuen Freihandelszone AfCFTA entfallen 90 Prozent der innerafrikanischen Zölle. 

E-Logistik-Unternehmen bieten integrierte Bestell- und Transportsysteme, die Lieferanten und Händler vernetzen, Zahlungen mit Mobile Money ermöglichen und das Tracking von Lieferketten transparent machen. Digitale Lösungen tragen dazu bei, Logistikkosten zu senken. Sie sind in Afrika derzeit doppelt so hoch wie in den USA, was den Handel hemmt. Effiziente Logistik ist auch eine wichtige Voraussetzung für den weiteren Ausbau des interkontinentalen Handels, etwa mit dem Start der afrikanischen Freihandelszone (AfCFTA).

In der Landwirtschaft lassen sich per E-Logistik Lieferketten online organisieren und nachverfolgen, zum Beispiel mit der App des nigerianischen Start-Ups Crop2Cash. Auch für zertifizierte Öko- oder Fairtrade Produkte ist ein digitales Rückverfolgungssystem wichtig. Kleinbauern oder landwirtschaftliche Genossenschaften können über vernetzte Liefersysteme ihre Absatzmärkte erweitern. Händler können über solche Systeme Lieferketten besser steuern, ihre Angebote standardisieren oder die Vernichtung von Lebensmitteln vermeiden. 

Initiativen wie DIGILOGIC setzen sich für Kooperationen und strategische Partnerschaften zwischen europäischen und afrikanischen Digital Innovation Hubs (DIHs) ein. Innovatoren, Startups und KMU werden vernetzt, um gemeinsam in enger Zusammenarbeit mit Industrien und Ventures smarte Logistiklösungen zu entwickeln.

Afrika bietet mehr als Absatzmärkte. Hier finden Sie innovative Wirtschaftssysteme und viele junge Talente, um neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. 


Thorsten Hülsmann, CEO of Digital Hub Management GmbH

Smarte Technik für nachhaltige Landwirtschaft

Junge Frau mit Tablet kontrolliert die Nährstoffversorgung von Gurkenpflanzen in einem Gewächshaus Getty Images/Martin Harvey Junge Frau mit Tablet kontrolliert die Nährstoffversorgung von Gurkenpflanzen in einem Gewächshaus

Das Internet der Dinge (IoT) vernetzt intelligente Geräte und Maschinen mit dem Internet. So werden relevante Informationen erfasst, analysiert und verknüpft. In der Agrarwirtschaft können smarte Landmaschinen und Drohnen Reifeprozesse überwachen, Nährstoffgehalte messen oder Bewässerungssysteme aktivieren. So leisten sie einen Beitrag dazu, gute Ernteerträge zu erzielen und gleichzeitig Überdüngung oder Bodenerosion zu vermeiden.

Auch Kleinbauern profitieren von digitalen Angeboten, wenn sie per App Wetterdienste abrufen, Futter und Dünger bestellen, Verkaufspreise vergleichen oder Maschinen mieten. Letzteres bietet die App Hello Tractor aus Nigeria und Kenia.

Apps und Telemedizin verbessern Gesundheitsversorgung

Gesundheitsapps leisten afrikaweit einen großen Beitrag zur besseren medizinischen Versorgung – insbesondere auf dem Land. Sie können Ärzte beispielsweise bei der Erstellung von Diagnosen oder der Auswertung von Labordaten unterstützen. Patienten bieten Gesundheitsapps Basisinformationen rund um Krankheiten wie HIV/AIDs und Malaria oder aktuell zur Gesundheitsvorsorge während der Corona-Pandemie.

Neben der App ist die Telemedizin ein wichtiges digitales Produkt für Afrika. Zum Einsatz kommt sie, wenn Ärzte online etwa Patienten beraten oder junge Kollegen bei Diagnosen und Untersuchungen supervidieren. Im Medizinsektor könnte perspektivisch eine digitale Ausbildung in der Virtual Reality dazu beitragen, dringend benötigte Fachkräfte zu qualifizieren. Sie ermöglicht etwa medizinischen Fachkräften für  Dialysezentren eine "remote" Ausbildung.

Im Gesundheitswesen können digitale Lösungen auch einen Beitrag dazu leisten, Produkte fälschungssicher zu machen. Viele afrikanische Länder haben ein massives Problem mit der Fälschung von Produkten, Medikamenten und Dokumenten. Das deutsche Unternehmen authentic.network hat hier eine Marktlücke entdeckt und mittels Blockchain-Technologie ein digitales Siegel entwickelt, das zum Beispiel Malariaprodukte schützt.

Digitale Partnerschaften mit Afrika

Die Digitalisierung zählt in Afrika zu den stärksten Treibern für wirtschaftliche Entwicklung. Wie schon im Finanzsektor könnten digitale Modelle auch in weiteren Branchen Lücken in der Infrastruktur schließen und Entwicklungssprünge ermöglichen. Das gilt nicht nur für Handel und Logistik, sondern auch im Gesundheitssektor oder in der Agrarwirtschaft.

Innovative Unternehmen aus Deutschland und Afrika können hier mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen dazu beitragen, Industrialisierung und Dienstleistungen in Afrika weiter auszubauen. Gefragt ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe für gemeinsamen wirtschaftlichen Fortschritt. In Sachen Digitalisierung beeindruckt Afrika mit seinem Tempo und afrikanische Geschäftspartner sind oft weiter, als potentielle Geschäftspartner aus Deutschland erwarten.

Aktualisiert im September 2022 |  Autorin: Sabine Huth

Unterstützung und Beratung für deutsche Unternehmen

Die Bundesregierung unterstützt mit unterschiedlichen Initiativen deutsche Unternehmen beim Umsetzen ihrer digitalen Geschäftsideen in Afrika:

  • StArfrica – Startup Germany-Africa im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hilft deutschen Startups beim Markteintritt in Afrika und will Deutschland als Wirtschaftsstandort für afrikanische Startups attraktiver machen.
  • Die Strategische Partnerschaft Digitales Afrika des BMZ vernetzt Unternehmen gezielt mit Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, um vor Ort gemeinsame Projekte anzustoßen.
  • Der GIZ techDetector der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH informiert über rund 100 innovative Technologien für eine nachhaltige Entwicklung zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs).
  • Über den Digital Skills Accelerator Africa (DSAA) (BMZ, GIZ und KfW) teilen Fachleute ihr Wissen mit afrikanischen Berufstätigen und initiieren größere Trainingsprogramme zu digitalen Themen.
  • Mit Make-It in Afrika, einer Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), erhalten afrikanische Gründer einen besseren Zugang zu Geldern, Märkten und Trainings.


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