Steiff Sidi Bouzid 2025

Seit nunmehr 50 Jahren fertigt der Traditionshersteller Steiff seine beliebten Plüschtiere im eigenen Werk in Tunesien. Das Werk in Sidi Bouzid mit rund 650 Mitarbeitern ist die einzige ausländische Produktionstochter von Steiff. Christine Fiedler, seit Januar 2025 verantwortlich für den Standort, erläutert im Interview, wie die Herstellung vor Ort erfolgt. 

 

Wie Steiff nach Sidi Bouzid kam

Frau Fiedler, Sidi Bouzid liegt in Tunesien ziemlich abgeschieden im Landesinnern. Warum hat sich Steiff damals genau für diesen Standort entschieden?

Es gibt eine Anekdote, dass ursprünglich der Küstenort Sidi Bou Said mit Sidi Bouzid verwechselt wurde – aber ob das wirklich stimmt, ist unklar. Ausschlaggebend war vielmehr die gezielte Wirtschaftsförderung der tunesischen Regierung. Sie bietet finanzielle Anreize für Unternehmen, sich in strukturschwachen Regionen niederzulassen. 

Und Sidi Bouzid zählt dazu?

Sidi Bouzid liegt rund drei bis vier Stunden von der Hauptstadt Tunis entfernt – früher war die Fahrt aufgrund fehlender Infrastruktur sogar noch deutlich länger. Die Region ist stark landwirtschaftlich geprägt und wird oft als „Gemüsegarten Tunesiens“ bezeichnet. Es dominieren der Anbau von Oliven, Datteln und Tomaten. Neben uns gibt es kaum industrielle Arbeitgeber. Eine Molkerei beschäftigt etwa 300 Mitarbeitende – darüber hinaus ist die Industrie eher dünn vertreten. 

Deswegen ist Steiff auch ein attraktiver Arbeitgeber, oder?

Auf jeden Fall. Wir haben eigentlich keine Fluktuation bei den Mitarbeitern, alle sind festangestellt. Bei uns finden die Menschen einen klimatisierten, sauberen und staubfreien Arbeitsplatz. Zudem sind sie sozialversichert und werden überdurchschnittlich bezahlt. Das hat einen hohen Stellenwert in der Region.

Vorteil: Nähe zu Europa

Ist Steiff mit der Entscheidung für den Standort in Tunesien weiterhin zufrieden?

Absolut. Nicht ohne Grund ist das tunesische Werk die einzige ausländische Produktionstochter von Steiff: Hier haben wir die Dinge in eigener Regie und das Know-how bleibt im Haus. Für Tunesien spricht einfach die qualitativ hochwertige Arbeit und die Nähe zu Europa. Wenn alles glatt läuft, braucht ein Lkw von Sidi Bouzid zu uns nach Giengen maximal vier Tage. 

Wie viele Lieferungen haben Sie pro Woche und wie erfolgt die Logistik?

Wir arbeiten mit einer Spedition zusammen, es verkehren pro Woche ein bis zwei Lkws von Giengen nach Sidi Bouzid und umgekehrt. Wir verschiffen über den Hafen Radès in der tunesischen Hauptstadt. Dann geht es über das Mittelmeer nach Italien und dann weiter nach Deutschland.

Lassen Sie in Sidi Bouzid nur zusammennähen oder erfolgen auch weitere Fertigungsschritte?

Nein, in unserem Werk in Tunesien erfolgt die volle Wertschöpfung. Stoffe, Accessoires und die Füllungen werden angeliefert. Zuschnitt, das Besticken, das Nähen und das Füllen - all das wird in Sidi Bouzid gemacht. Wir lassen drei Kategorien hier produzieren - die festen Sammlerartikel und zwei Kategorien von Kinderspielzeug. 

Qualitätssicherung ist eine Gemeinschaftsaufgabe

In Sidi Bouzid werden Plüschtiere für die ganze Welt produziert - das ist enorm. Wie schaffen Ihre Mitarbeiter das?

Wir arbeiten an 6 Tagen in der Woche, also insgesamt beträgt die Wochenarbeitszeit 48 Stunden. Im Zuschnitt und in der Stickerei arbeiten wir im Schichtbetrieb. In der Näherei gibt es nur eine Schicht, die um 7 Uhr morgens beginnt. 

Welche Maschinen sind bei Ihnen im Einsatz?

Bei Nähmaschinen nutzen wir zum einen Pfaff, vor allem für die komplizierten Artikel, zum anderen Siruba. Daneben haben wir ja noch Stick- und Laserzuschnittmaschinen. Im Oktober planen wir, auf der tunesischen Textilmaschinenmesse nach modernen Lösungen Ausschau zu halten. Für uns ist es wichtig, dass Support und Wartung für die Maschinen vor Ort in Tunesien erfolgen. Das können wir selbst nur schwer von Giengen aus leisten. 

Kinderspielzeug unterliegt ganz strengen EU-Normen. Wie stellen Sie das sicher?

Wir haben vor Ort ein erfahrenes Qualitätssicherungsteam mit sieben bis acht Mitarbeitenden sowie einen Qualitätsmanager, mit dem wir eng zusammenarbeiten. Die Endkontrolle erfolgt in Giengen. Zusätzlich sind wir ISO-zertifiziert – inklusive Arbeitsschutzstandards und Umweltmanagement. Unser Werk verfügt unter anderem über eine eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach, wir achten sehr auf unseren CO2-Fußabdruck. 

Die langwierigen und teils intransparenten Verwaltungsprozesse in Tunesien werden von Unternehmen häufig als Störfaktor genannt. Wie ist das bei Steiff?

Es stimmt schon, einige Abläufe sind tatsächlich komplex und nicht immer leicht nachvollziehbar. Aber wir hatten bisher noch keinen Grund, an unserer Standortwahl zu zweifeln. Für uns überwiegen eindeutig die Vorteile. 

Das Interview führte Verena Matschoß von Germany Trade & Invest im Juni 2025.

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