Tunesiens Wirtschaft ist stark auf Europa ausgerichtet. Viele europäische, auch deutsche Unternehmen produzieren hier. Dadurch ist die Industrie relativ diversifiziert.

Der Mittelmeerstaat weist einige gut entwickelte Industriebranchen auf und verfügt über einen starken Dienstleistungssektor. Die verarbeitende Industrie ist breit aufgestellt. Die mechanische und elektronische Industrie, hier vor allem Kabellage, ist der stärkste Bereich, gefolgt von der Nahrungsmittel verarbeitenden Industrie und dem Textilsektor. Der Tourismus spielt traditionell eine wichtige Rolle.

Tunesien gewinnt für Nearshoring weiter an Attraktivität für Unternehmen. Neben der geografischen Nähe zu Europa sind das hohe Bildungsniveau, wettbewerbsfähige Löhne, eine im regionalen Kontext gute Infrastruktur Pluspunkte des Landes. Mittelfristig hat Tunesien Absatzmärkte auf dem afrikanischen Kontinent im Visier.

Dem unbestrittenen Potenzial steht ein schwieriges Wirtschaftsumfeld gegenüber. Die Importabhängigkeit bei Energie und bestimmten Grundnahrungsmitteln trifft Wirtschaft und Bevölkerung. Privatisierung von Staatsbetrieben, Reform der öffentlichen Verwaltung sowie eine Liberalisierung in einigen Wirtschaftsbereichen sind dringend nötig. Wenn diese umgesetzt werden, dürfte sich das Geschäftsklima verbessern und neue Produktions-, Absatz- und Beschaffungsmöglichkeiten können entstehen.

Das Länderprofil wurde zuletzt im Februar 2023 aktualisiert.

Deutsche Unternehmen sind seit langem in Tunesien aktiv und bauen derzeit Ihr Engagement vor Ort deutlich aus. Fast die Hälfte der größeren Investitionen kamen im Jahr 2022 von deutschen Unternehmen. Tunesien bietet interessante Möglichkeiten im Nearshoring von IT-Dienstleistungen und Industrieproduktion, nicht nur rund um das Thema Automotive. Bei Themen wie erneuerbare Energie, Umweltschutz, Arbeitsmarkt, lokale Finanzierung, Bürokratie gibt es Reform- und Handlungsbedarf. Das bringt Herausforderungen, aber auch viele Chancen.

Jörn Bousselmi Geschäftsführer der Deutsch-Tunesischen Industrie- und Handelskammer

Daten und Fakten Tunesien

SWOT-Analyse

S

Strengths Stärken

  • Geografische Lage (Nähe zu Europa)
  • Wettbewerbsfähiger Exportindustrie
  • Viele Hochschulabsolventen, gerade in MINT-Berufen
  • Im Vergleich zu Europa niedrige Lohnkosten
  • Internationale Geber stützen Tunesien
W

Weaknesses Schwächen

  • Politischer Schwebezustand
  • Ineffiziente und teilweise intransparente Verwaltungs- und Genehmigungsprozesse
  • Hohe Arbeitslosigkeit, einsetzender Brain-Drain
  • Geringe Investitionsquote
  • Hohes Länderrisiko wegen Staatsverschuldung
O

Opportunities Chancen

  • Nearshoring von Industrie und IT-Dienstleistungen
  • Höhere Wertschöpfung in Industrie, IKT und Tourismus
  • Potenzieller Hub für Subsahara-Afrika und Libyen
  • Gute Voraussetzungen für Produktion von grünem Wasserstoff

T

Threats Risiken

  • Ausbleibende Wirtschaftsreformen, Protektionismus
  • Soziale Spannungen verstärken sich durch Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine
  • Volatile Situation in den Nachbarländern (Algerien, Libyen)
  • Auswirkungen des Klimawandels verschärfen Anpassungsdruck

Potenzialbranchen in Tunesien

Energiewirtschaft

Mit einer durchschnittlichen Sonneneinstrahlung von über 1.800 kWh/m² und mehr als 3.000 Sonnenstunden im Jahr sind die Voraussetzungen für Solarenergie hervorragend. Auch das Potenzial für Windenergie ist beträchtlich. Relativ erfolgreich ist bereits die Energieproduktion für die industrielle Eigennutzung. Das Solardachprogramm Prosol Elec fördert breitflächig den Zubau von PV-Anlagen für private Haushalte. Angesichts eines geplanten 600 Megawatt-Interkonnektors nach Italien wird auch die Produktion von Strom für den Export nach Europa attraktiv.

IT und Telekommunikation

Der IT- und Start-up-Sektor Tunesiens wird immer erfolgreicher. Internationale Softwarefirmen lassen schon seit Jahren in Tunesien programmieren. Inzwischen entdecken auch kleine und mittelständische Unternehmen den Vorteil von IT-Outsourcing oder -Nearshoring nach Nordafrika. Vor allem Industrieunternehmen, die bereits im Land produzieren, nutzen die Standortvorteile und bauen interne IT-Abteilungen auf. Wegen des kleinen lokalen Marktes und begrenzter Finanzierungsmöglichkeiten suchen tunesische Start-ups Partner, um auch im Ausland zu wachsen. 

Automobil

Für die Automobilindustrie ist Tunesien ein wichtiger Standort. Vor allem Kabelbäume und Bordnetze, aber auch Sitze, Airbags und andere Komponenten werden von Unternehmen wie Leoni, Kromberg & Schubert, Draexlmaier, Nexans oder Sumitomo vor Ort produziert. Zunehmend nutzen diese Unternehmen die Standortvorteile Tunesiens auch für die technische Entwicklung und für IT-Dienstleistungen: Ein großer Pool an Fachkräften und eine relativ hohe Anzahl von Universitätsabsolventen sowie die Nähe zu Europa locken Investitionen. 


Textil und Bekleidung

Die Textilindustrie Tunesiens sieht sich nach schwierigen Jahren wieder auf Wachstumskurs. Vor allem die Investitionsankündigungen nehmen zu. Tunesien gehört mit einem Marktanteil von etwa 2,5 Prozent zu den zehn wichtigsten Lieferanten von Textilien der Europäischen Union. Die geographische Nähe ermöglicht eine kurze Time-to-Market. Viele der in Tunesien ansässigen Textilunternehmen investieren in Ausbildung, Umwelttechnik und Digitalisierung, um sich für weiteres Wachstum zu wappnen.  



Tourismus und Reisen

Der tunesische Tourismus hofft, an die Rekordzahlen aus 2019 anknüpfen zu können, als man über 9 Millionen Reisende begrüßt hatte. Bis Ende Juli 2023 sind etwa 5 Millionen Touristen ins Land gekommen – gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 70 Prozent. Einige Hotelketten kommen neu ins Land, Tunis steht auch wieder im Programm von Kreuzfahrten. Es entstehen immer mehr kleinere Gästehäuser und neue touristische Angebote. Branchenvertreter hoffen auf eine weitere Entbürokratisierung des Sektors.

Mehr Brancheninfos

Germany Trade & Invest (GTAI) bietet weitergehende Informationen zu aussichtsreichen Branchen in Tunesien

Die Analysen beleuchten neben der Marktentwicklung auch politische Rahmenbedingungen, aktuelle und geplante Projekte sowie Geschäftschancen für deutsche Unternehmen.

Marktzugang

Rechtlicher Rahmen, Gründen, Investieren 

Den Überblick zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Ihr Tunesien-Geschäft gibt die GTAI-Publikation Recht Kompakt Tunesien

Zoll- und Einfuhrregelungen

Arbeitsmarkt und Löhne

In Tunesien variiert die Beschäftigungsquote je nach Region. Tendenziell ist die Lage an der Küste und im Norden des Landes besser, was auf die Tourismusbranche sowie die dort angesiedelte Industrie zurückzuführen ist. Bei der Vermittlung von Jobs spielen persönliche Kontakte eine größere Rolle als Personalagenturen. Arbeitslosigkeit betrifft vor allem junge Menschen, Akademiker und Frauen.

Aufgrund der relativ hohen Inflation müssen Gehälter fortwährend angepasst werden. 2018 und 2019 haben vor allem Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. 

Einen detaillierten Überblick über die Lage am Arbeitsmarkt, Löhne und den arbeitsrechtlichen Rahmen in Tunesien gibt die GTAI-Publikation Lohn- und Lohnnebenkosten Tunesien

Die Qualifizierung junger Fachkräfte, die sich am Bedarf der tunesischen Wirtschaft ausrichtet, ist eine der großen Herausforderungen des Landes. iMOVE: Training – Made in Germany bietet Informationen zum tunesischen Markt der Aus- und Weiterbildung und Chancen, die sich für deutsche Bildungsanbieter ergeben.

Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen

In Tunesien sind eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Geber aktiv. Die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank, Institutionen der Europäischen Union und andere stellen Finanzierung für Vorhaben der tunesischen Regierung bereit. Schwerpunkte der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit sind nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Verwaltungsreformen und Ressourcenschutz. Aus geberfinanzierten Vorhaben resultieren viele Aufträge, die ab gewissen Schwellenwerten international ausgeschrieben werden. Im Jahr 2018 waren dies in erster Linie Tender für den Einkauf von Consultingleistungen, gefolgt von den Themen Wasser und Abwasser sowie Anlagen- und Maschinenbau.

Einen Überblick über Geschäftschancen bei öffentlichen Aufträgen gibt Germany Trade & Invest (GTAI) im Bericht Entwicklungszusammenarbeit mit Tunesien. Bei GTAI finden Sie zudem aktuelle

Unterstützung beim Markteinstieg in Tunesien

Das Wirtschaftsnetzwerk Afrika und weitere Institutionen der Außenwirtschaftsförderung bieten verschiedene Maßnahmen in ausgewählten Branchen an, um deutschen Unternehmen die Erschließung des Zielmarktes Tunesien zu erleichtern.

Beratungsgutscheine Afrika: Unterstützung beim Markteinstieg

Das BMWK unterstützt den Markteinstieg deutscher KMU in Afrika. Unternehmen erhalten bis zu 75 Prozent der Kosten für maximal 15 Beratungstage.

BMWK-Markterschließungsprogramm Neues Fenster zu "BMWK-Markterschließungsprogramm".

Das Markterschließungsprogramm (MEP) erleichtert kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg in ausländische Märkte und bietet aktuell Maßnahmen für Tunesien an.

Investitionsgarantien des Bundes Neues Fenster zu "Investitionsgarantien des Bundes".

Die Investitionsgarantien sichern Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in Tunesien gegen politische Risiken ab und unterstützten Projekte vor Ort.

Export­kredit­versicherungen für Privatwirtschaft Neues Fenster zu "Export­kredit­versicherungen für Privatwirtschaft".

Die Hermesdeckungen schützen Exporteure und Banken bei Geschäften mit tunesischen Handelspartnern vor wirtschaftlich und politisch bedingten Zahlungsausfällen.

Kompetenzzentrum für Exportkreditgarantien Neues Fenster zu "Kompetenzzentrum für Exportkreditgarantien".

Das Kompetenzzentrum an der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer flankiert deutsche Exportgeschäfte in der MENA-Region und bietet Unterstützung bei Transaktionen.

Import Promotion Desk Tunesien Neues Fenster zu "Import Promotion Desk Tunesien".

Das Import Promotion Desk (IPD) fördert Handelspartnerschaften für den Import hochwertiger natürlicher Zutaten und für nachhaltige Reiseangebote.

Invest for Jobs Neues Fenster zu "Invest for Jobs".

Die Sonderinitiative "Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel" unterstützt Unternehmen bei ihrem Engagement in Afrika. Ziel ist, bis zu 100.000 Arbeitsplätze zu schaffen.

Kontakte und weiterführende Links

Beratung für Ihr Tunesien-Geschäft

Kontakt Christine Zander

Afrika-Partner Nord- und Westafrika Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika (030) 275 757 60

E-Mail schreiben

Kontakt Antonia Gnädig

Afrika-Partnerin Nord-, West- und Zentralafrika Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika (030) 275 757 60

E-Mail schreiben

Kontakt Meisara-Salem Azzab

Afrika-Partner Nord-, West- und Zentralafrika Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika (030) 275 757 60

E-Mail schreiben

Ansprechpartner vor Ort

Kontakt Deutsch-Tunesische Industrie- und Handels­kammer (AHK)

Tunesien Zur Website +216-71-965-280

E-Mail schreiben

Kontakt Jörn Bousselmi

Geschäftsführer, Investitionen, Rechtsfragen, Regierungskontakte Deutsch-Tunesische Industrie- und Handels­kammer (AHK) +216-71-965-280

E-Mail schreiben

Kontakt Dr. Makram Ben Hamida

Stv. Leiter DEInternational, Business Consulting, B2B Kontakte Deutsch-Tunesische Industrie- und Handels­kammer (AHK) +216 26 865 004

E-Mail schreiben

Kontakt Souad Mami

Leiterin HR Services, Aus- und Weiterbildung, Personalsuche Deutsch-Tunesische Industrie- und Handels­kammer (AHK) +216 26 865 001

E-Mail schreiben

Kontakt Eva Steinhaus

Leiterin Kompetenzzentrum für Exportkreditgarantien +971 4876 9007

E-Mail schreiben

Kontakt Deutsche Botschaft Tunis

Tunesien +216 71 143 200

E-Mail schreiben

Weiterführende Informationen

Erfahrungsberichte von Unternehmen in Tunesien

Bekleidungsproduktion: Ersetzt Sourcing aus Nordafrika China?

Nordafrika ist bei der Beschaffung von Bekleidung in den Fokus von deutschen Einkäufern gerückt. Aber Asien bleibt Deutschlands größter Lieferant.

Lokal vernetzt: Handelsvertreter übernehmen Vertrieb in Tunesien

Das Unternehmen B. Braun aus Melsungen vertreibt in Nordafrika seit vielen Jahren Medizin– und Pharmaprodukte mithilfe eines Netzwerkes von lokalen Distributoren.

Vom Hörsaal in die Arbeitswelt: Marquardt steigert Praxisbezug

Die TAMA Akademie rückt die praktische Ausbildung tunesischer Fachkräfte in den Fokus. Nach dem Vorbild des deutschen dualen Systems werden so neue Ausbildungsplätze geschaffen.

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