Bekleidungsmaschinen aus Italien für Nordafrika

Der italienische Bekleidungsmaschinenhersteller Macpi könnte auch in Deutschland sitzen: Ein Familienunternehmen in dritter Generation mit rund 40 Millionen Euro Jahresumsatz und 300 Mitarbeitenden, von denen gut die Hälfte in einem kleinen Werk in Shanghai sowie mehreren Niederlassungen vorwiegend in Asien arbeitet. Den Verkauf von Bügelpressen, Thermosiegelmaschinen und Industrie-Wäschereimaschinen steuert ein zwölfköpfiges Vertriebsteam in Italien. In Afrika setzt Macpi erst wenig ab, Stefano Bordogna berichtet im Videointerview aber von einer wachsenden Nachfrage aus dem Maghreb. Macpis Verkaufschef für Bügelpressen muss bei der Marktbearbeitung mit seinen Ressourcen haushalten. 

Herr Bordogna, gehen Sie zwecks Marketing für afrikanische Länder oft auf Messen dort?

Nicht mehr. Wir waren einige Male auf der Africa Sourcing and Fashion Week in Addis Abeba, haben diese Besuche aber wie überhaupt viele Reisen nach Afrika eingestellt. Unsere Kunden dort sind überwiegend asiatische Bekleidungshersteller. Die Entscheidung zum Kauf einer Maschine fällen diese Firmen normalerweise nicht in den Betrieben in Afrika, sondern in ihren Hauptverwaltungen. 

Für den Verkaufserfolg auch in Afrika reisen Sie also nach Asien?

Erst kürzlich war ich wieder in Bangalore und bin jetzt guter Dinge, dass wir einen großen Auftrag für eine Anzugfabrik in Äthiopien bekommen. Ich reise auch heute noch alle drei Monate nach Indien. Beim Aufbau unseres Büros dort 2004 war ich praktisch die halbe Zeit dort, heute erledigen unsere Kollegen vor Ort die meiste Arbeit.

In Afrika selbst haben Sie dann gar keine Vertretungen? 

Doch, man kann natürlich nicht alle Geschäfte von Asien aus eintüten und abwickeln. In Ägypten etwa kommt man gar nicht daran vorbei, einen guten Vertreter vor Ort zu haben. Dort handelt es sich bei vielen Kunden um staatliche Textil-Konglomerate, die ihre Beschaffungen ausschreiben. Um da einen Auftrag zu bekommen, muss man im Land registriert sein und sich auch vor Ort intensiv mit der Bürokratie auseinandersetzen. Unsere Vertreterin in Tunesien war früher unsere Angestellte. Das ist hilfreich, weil es Projekte gibt, wofür nur sie als Inländerin Maschinen importieren darf. In Marokko wiederum kooperieren wir gleich mit mehreren Vertretern, die aber schwach aufgestellt sind. Das ist wie im Supermarkt: Die nehmen von jedem das, was sie gerade brauchen, haben also uns als hochwertigen Anbieter im Programm und daneben die billige chinesische Bügelpresse.

Verlagerung der Produktion von Asien und Europa nach Nordafrika

Tunesien und Marokko laufen also ganz gut bei Ihnen?

Ja, das sind stabile Länder mit niedrigen Löhnen, wo europäische Bekleidungsketten nun verstärkt herstellen lassen und unsere Maschinen zum Einsatz kommen. In Tunesien hilft uns, dass die Kunden dort insgesamt weniger, aber hochwertiger als in Marokko produzieren. Die Branche dort ist eng mit italienischen Modefirmen verflochten, die schon bald nach der Jahrtausendwende in das nahegelegene Land ausgelagert haben. Auch Ägyptens Textil- und Bekleidungsindustrie investiert, sie exportiert aber mehr in die USA. Es gibt in Nordafrika, wie im Rest des Kontinents, auch Hersteller, die für den Heimatmarkt produzieren. Die kaufen aber Billigtechnik oder Gebrauchtmaschinen.

Wieso lassen viele europäische Bekleidungsfirmen denn in Marokko und Tunesien fertigen?

Mit steigenden Löhnen in China war ein Teil der Produktion in andere asiatische Länder wie Bangladesch oder Vietnam abgewandert. Durch die Pandemie, mit geschlossenen Grenzen in Asien und fehlenden Transportcontainern, hat sich einiges nach Europa verlagert, in die Ukraine, nach Moldawien oder Rumänien. In der Ukraine ist Krieg, in Rumänien sind die Löhne gestiegen. Nun ist ein Teil der Karawane weitergezogen.

Haben Sie in Afrika weitere Märkte?

Da läuft eher wenig. Interessant ist Äthiopien, die künftige Entwicklung dort hängt aber sehr von der Weichenstellung durch die Politik ab. Einige Maschinen lieferten wir nach Mauritius und Madagaskar, und dort noch mehr als in Nordafrika an internationale Bekleidungshersteller. In Südafrika geht nicht mehr viel, seitdem sie in Kapstadt immer weniger Anzüge herstellen. Auch Lesotho ist kein Markt mehr für uns, weil dort inzwischen taiwanische und chinesische Bekleidungsproduzenten den Ton angeben. Die schauen bei der Technik zu sehr auf den Preis.

Konkurrenz aus China, der Türkei und Deutschland 

Und diese Billig-Konkurrenz sind vor allem chinesische Maschinenbauer?

Ja. Auch türkische Anbieter, die seit der massiven Abwertung der Lira zu Hause besonders günstig anbieten können. Diese Konkurrenten kopieren lediglich, während wir entwickeln. Mit der Landsberger Firma Veit haben wir auch einen starken Wettbewerber aus Deutschland, der mit seinen Qualitätsmaschinen ähnlich wie wir aufgestellt ist. Wir schätzen uns gegenseitig und haben mit der Billigkonkurrenz aus Asien einen gemeinsamen Gegner.

Italienische und deutsche Maschinenbauer sind oft Wettbewerber, sehen Sie Unterschiede in der Marktbearbeitung?

Das Gute bei den Deutschen ist, dass sie zusammenarbeiten. Auf einem Gemeinschaftsstand im Ausland präsentieren sich selbst nahe Konkurrenten direkt nebeneinander, repräsentativ unter dem zugkräftigen Slogan „Made in Germany“. Bei uns Italienern funktioniert das nicht wirklich. Man bekommt dann einen Tisch und zwei Stühle auf einer Gemeinschaftsausstellung des Branchenverbands, da kommt zu wenig herum. Gute Marktinformationen wiederum bietet ebenfalls der deutsche Maschinenbauverband, der VDMA. Auf italienischer Seite nutzen wir manchmal die öffentliche Exportkreditversicherung SACE. Allerdings sind unsere Projekte dafür meist zu klein. Ansonsten bekommen wir vom italienischen Staat leider nur sehr wenig Unterstützung in der Marktbearbeitung.

Wie sehen Sie Ihre afrikanischen Märkte im internationalen Vergleich?

Nordafrika wird für uns voraussichtlich an Bedeutung noch gewinnen. Hervorzuheben sind in Afrika die insgesamt noch recht guten Margen – im Vergleich zu Asien, wo in Ländern wie Bangladesch oder Pakistan ein brutaler Preisdruck herrscht. Dagegen sind zum Beispiel in Ägypten chinesische und türkische Maschinenanbieter oft von Ausschreibungen der Textil- und Bekleidungsindustrie ausgeschlossen. Ein Problem ist in Afrika tendenziell die Bezahlung. Kunden dort fragen öfter als zum Beispiel in Indien nach einer Finanzierung, die wir als Mittelständler dann nicht bieten können.

Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im März 2023.

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