Fahrzeug des Typs MAN TGS 40.440 WW 6x4 mit Kippaufbau

Auf dem afrikanischen Kontinent liefert MAN seine Fahrzeuge vor allem nach Nordafrika sowie nach Südafrika

MAN Truck & Bus ist ein Nutzfahrzeughersteller und Anbieter von Transportlösungen mit Sitz in München. Das Unternehmen verkauft seit mehr als 30 Jahren Lkw auf dem afrikanischen Markt, vor allem schwere Lkw-Reihen und Lkw-Bausätze, die vor Ort zusammengebaut werden. 

Im Interview berichtet Elke Endres vom Team Exportfinance bei MAN von ihren Erfahrungen mit den staatlichen Exportkreditgarantien des Bundes (Hermesdeckungen) zur Absicherung von Exporten nach Afrika und warum die Lieferantenkreditdeckung viele Geschäfte auf dem Kontinent erst möglich macht.

Frau Endres, an wen und wo verkaufen Sie Ihre Lastwagen und Omnibusse in Afrika?

Wir arbeiten überwiegend mit lokalen Importeuren zusammen, die den Vertrieb der Fahrzeuge übernehmen. Darüber hinaus wickeln wir vereinzelt Direktgeschäfte mit Endkunden ab. Es handelt sich hierbei meistens um kleinere Logistik- oder Bauunternehmen.
Unsere Hauptabsatzmärkte in Afrika sind die nordafrikanischen Länder und Südafrika. In geringerem Umfang verkaufen wir unsere Nutzfahrzeuge auch an Abnehmer in anderen Ländern in Subsahara-Afrika. Wir haben zum Beispiel Kunden in Ghana, Nigeria und Côte d’Ivoire.

Auf welche Herausforderungen stoßen Sie beim Export Ihrer Fahrzeuge nach Afrika? 

Eine Herausforderung ist es, die richtigen Importeure zu finden, die unsere Interessen vor Ort vertreten und auch finanzstark genug sind, um Zahlungssicherheiten wie Akkreditive oder Garantien zu stellen. Aber auch finanzkräftige Endkunden zu finden, ist nicht einfach. 
Die kulturellen Unterschiede stellen uns vor zusätzliche Herausforderungen. Verhandlungen erstrecken sich oft über einen sehr langen Zeitraum, währenddessen sich – neben den Kundenwünschen – auch die Rahmenbedingungen, zum Beispiel die politische Stabilität, die wirtschaftlichen Verhältnisse etc. ändern können.

Zahlungsrisiken im Afrikageschäft mit Exportkreditgarantien absichern

Wie helfen die Exportkreditgarantien des Bundes bei der Abwicklung Ihrer Geschäfte auf dem afrikanischen Kontinent?

Im März 2022 habe ich als Referentin bei einem Fokusgruppen-Treffen des Wirtschaftsnetzwerks Afrika über unsere Erfahrungen auf dem afrikanischen Kontinent berichtet und wie wir von den Exportkreditgarantien des Bundes profitieren. Durch die Nutzung dieser Garantien können wir unseren Importeuren verlängerte Zahlungsziele anbieten und sie dadurch beim Absatz unserer Fahrzeuge unterstützen. Gegenüber Endkunden können wir Geschäfte darstellen, die sonst nicht möglich sind, da die Kunden auf lokale Finanzierungen oft keinen Zugriff haben oder diese unerschwinglich sind. Da auch unsere Mitbewerber, insbesondere aus Nordeuropa, von Exportkreditagenturen gedeckte Finanzierungen anbieten, können wir wettbewerbsfähige Finanzierungsangebote machen und dadurch auch "Leuchtturm-Kunden" in der Region gewinnen.

Welche Hermesdeckungen haben Sie bereits in Anspruch genommen?

Wir nutzen sowohl Einzeldeckungen für Lieferantenkredite an Endkunden als auch Sammeldeckungen für die Geschäfte mit unseren Importeuren vor Ort. Auf Grund der meist geringen Volumina kommen Bestellerkredite leider nicht in Frage, da sich die Banken mit wenigen Ausnahmen bei Losgrößen bis 5 Millionen Euro eher zurückhaltend zeigen.

Wie läuft der Antragsprozess für einen Lieferantenkredit ab?

Unser MAN-Vertrieb oder unsere Vertreter vor Ort, wie Importeure oder langjährige Vermittler, stellen uns in der Regel Kunden vor. Wir haben einen Fragebogen entworfen, den der an einer Finanzierung interessierte Kunde ausfüllen soll, damit wir die für die Antragstellung erforderlichen Informationen erhalten. Neben diesem Fragebogen fordern wir Jahresabschlüsse, eine Unternehmenspräsentation und gegebenenfalls Verträge mit Abnehmern vom Kunden an. Darüber hinaus stellen wir weitere Recherchen zum Kunden an, zum Beispiel über Auskunfteien oder Internetrecherche und bitten unseren Vertrieb, beziehungsweise die Vertreter vor Ort, um eine Einschätzung zum Kunden.

Bevor wir an die Euler Hermes AG herantreten, die für den Bund die Exportkreditgarantien abwickelt, prüfen wir alle Unterlagen und nehmen eine erste Bonitätsanalyse vor. Wir haben so die Möglichkeit, mögliche Fragen vorab zu klären oder weitere Unterlagen anzufordern.
Nur wenn wir einen guten Eindruck vom Unternehmen gewonnen haben, stellen wir den Kunden bei Euler Hermes vor. Wir nutzen hierzu die Möglichkeit der Antragstellung über die Website exportkreditgarantien.de, wo wir die von Euler Hermes geforderten Informationen hochladen. In den meisten Fällen fügen wir zu den im Portal gemachten Angaben noch ergänzende Informationen in einem Schreiben hinzu und versuchen dabei, mögliche Fragen von Euler Hermes vorwegzunehmen. Auf Grund dieser Vorarbeiten liegt der Aufwand für einen Antrag auf Übernahme einer Exportkreditgarantie (hier für eine Lieferantenkreditdeckung) unsererseits bei circa einem halben bis ganzen Arbeitstag. In manchen Fällen auch höher, insbesondere bei Rückfragen an den Kunden.

Gab es auch schon Zahlungsausfälle?

Für einige Projekte in Ghana mussten wir leider Zahlungsausfälle melden und Schadenanträge bei Euler Hermes stellen. Da die Gerichte in Ghana sehr langsam arbeiten und sich die Verfahren über Jahre hinziehen, ist die Forderungsbeitreibung sehr aufwändig und langwierig.

Welchen Tipp geben Sie Exporteuren, die sich für eine Hermesdeckung in Afrika interessieren?

Gut Ding will Weile haben. An manchen Finanzierungen arbeiten wir über zwei Jahre hinweg, bis es dann zum Vertragsabschluss und zur Lieferung kommt.

Sehr wichtig sind lokale Partner oder ein geschulter Vertrieb, der sich vor Ort die Kunden anschaut, Erkundigungen einholt – einfach das Auge und das Ohr vor Ort. Gebühren für ein Rechtsgutachten einer lokalen Kanzlei sind gut investiert.

Planen Sie bei der Erstellung von Zahlungsplänen einen Puffer ein – das Fälligkeitsdatum einer Rate muss von Seiten des afrikanischen Geschäftspartners nicht zwingend so verbindlich betrachtet werden wie ein Fälligkeitsdatum in Deutschland. Erfahrungsgemäß wird eine Zahlung mit einem Monat Verspätung vom Kunden durchaus als pünktlich angesehen.

Das Interview führte Judith Martschin von der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika im November 2022.

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