Runflat-Systeme für das südliche Afrika von Europlast Nycast

Wenn ein Reifen Luft verliert, verhindern Runflats, dass das Fahrzeuggewicht auf dem Felgenrand aufliegt und die Felge zerstört.

Das deutsche Unternehmen Europlast-Nycast produziert Reifen-Notlaufsysteme, sogenannte Runflats, für geschützte Fahrzeuge. Seit Sommer 2020 bereitet das Unternehmen den Markteintritt in Südafrika und Namibia vor. Michael Orth hat bereits einige Programme der Außenwirtschaftsförderung genutzt. Im Interview beschreibt er, warum das südliche Afrika für seine Produkte interessante Absatzmärkte bietet und warum der enge Kontakt zur lokalen Auslandshandelskammer (AHK) für ihn besonders wichtig ist.

Kontakte vor Ort finden mit Unterstützung der AHK

Herr Orth, was für Produkte bietet Ihr Unternehmen an?

Porträtbild von Michael Orth, Europlast Nycast Europlast Nycast Porträtbild von Michael Orth, Europlast Nycast

Wir produzieren hauptsächlich Runflats. Das sind Reifen-Notlaufsysteme, die für alle geschützten (gepanzerten) Fahrzeuge zur Standardausstattung gehören. Hierbei sind im Reifen – auf der Felge geklemmt – Ringe eingebaut, sodass im luftdrucklosen Zustand das Fahrzeuggewicht nicht auf dem Felgenrand aufliegt und die Felge schnell zerstört, sondern auf dem Runflat. Dadurch ist es möglich, beispielsweise aus einer Gefahrenzone zu fliehen und zu einem sicheren Standort zu gelangen, auch wenn der Reifen platt ist. Die Runflatsysteme gibt es für die unterschiedlichsten Fahrzeuge und Radgrößen.

Unsere Kunden sind sowohl private Unternehmen und Sicherheitsfirmen, die Fahrzeuge panzern, sowie Polizei und Militär, die die Systeme als Ersatzteile für ihre Fahrzeuge verwenden.

Wie finden Sie Ihre Kunden und in welchen Ländern ist Europlast Nycast international aktiv?

Wir nutzen zur Kundengewinnung vor allem Sicherheits- und Verteidigungsmessen. Wir waren bereits auf einigen internationalen Messen und konnten dabei immer großartige Kontakte zu potenziellen Kunden herstellen. Im internationalen Handel bleibt der persönliche Kontakt weiter wichtig.

Bisher sind wir insbesondere in Österreich und im Mittleren Osten aktiv.

Südafrika ist ein guter Startmarkt

Sie bereiten aktuell den Markteintritt im südlichen Afrika vor. Was hat Sie von diesem Markt überzeugt?

Momentan fokussieren wir uns auf Südafrika und Namibia. Die Nachfrage nach unseren Produkten ist dort insbesondere im zivilen Bereich hoch. In Kombination mit der guten industriellen Infrastruktur ist gerade Südafrika ein idealer Startmarkt für unser Unternehmen. Hinzu kommt, dass dort viele Firmen angesiedelt sind, die auch über den nationalen Bedarf hinaus für den internationalen Markt gepanzerte Fahrzeuge bauen.

Dabei sind wir natürlich nicht alleine auf dem Markt. Unsere größten Wettbewerber kommen ebenfalls aus Europa. Zum einen ist das die Firma Runflat International aus Großbritannien, zum anderen TSS aus den Niederlanden sowie die Firma Hutchinson aus Frankreich.  

Was hat Ihnen bei Ihrem Geschäftsvorhaben am meisten geholfen?

Beim IHK-Netzwerkbüro Afrika haben wir zahlreiche Kontakte und Informationen erhalten, unter anderem zum KMU-Markterschließungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und zur lokalen AHK. Das Markterschließungsprogramm, die Projekte der Exportinitiative „Zivile Sicherheitstechnologien und -dienstleistungen“  und die darüber vermittelten Ansprechpartner und Unterstützung waren für uns gerade am Anfang sehr hilfreich. 

Als sich unsere Pläne langsam konkretisierten, war der Kontakt zur Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika (AHK Südliches Afrika) unerlässlich. Hier hat sich insbesondere Frau Alexa Gerrard sehr engagiert. Sie hat eine Marktanalyse gemacht, Kontaktdaten zusammengestellt und schließlich auch B2B-Gespräche über Zoom vorbereitet. Das war sehr wertvoll, denn so kamen wir direkt mit der richtigen Person ins Gespräch und konnten trotz Corona und der geografischen Distanz genau die wichtigen, persönlichen Gespräche führen, die wir sonst auf Messen oder vor Ort geführt hätten.

Alexa Gerrard, AHK Südliches Afrika:

Südafrika ist ein Wachstumsmarkt reich an natürlichen Ressourcen und einem gut entwickelten Finanz-, Rechts-, Kommunikations-, Energie- und Transportsektor. Leider wurde die bereits vor 2020 angeschlagene Wirtschaft von der Pandemie hart getroffen, was den Zugang zum Markt noch schwieriger machte. Gute Verbindungen sind wertvoll, um sich im Zielland schnell zurecht zu finden– die AHK ist der Ansprechpartner für deutsche Unternehmen vor Ort. 

Wie hat die Coronapandemie Ihren Markteintritt beeinflusst?

Die Pandemie hat bei uns, wie auch bei vielen anderen, alles ein wenig verzögert. Wir konnten im letzten Jahr noch vor der schweren zweiten und dritten Welle einige Gespräche mit unseren Geschäftspartnern führen. Jetzt, wo sich zumindest in Deutschland die Situation wieder entspannt hat, überprüfen wir, welche der Unternehmen es durch die Krise geschafft haben, um den Kontakt wieder aufzunehmen. Leider steckt Südafrika gerade noch mitten in der dritten Welle und wir rechnen mit weiteren Verzögerungen. Doch die ersten positiven Rückmeldungen haben wir bereits erhalten.

Welche Tipps würden Sie anderen deutschen Unternehmen geben, die den Markteintritt planen?

Der größte Faktor für uns war tatsächlich die Kompetenz der örtlichen AHK. Ein kompetenter Partner vor Ort ist unerlässlich, besonders wenn es nicht möglich ist, selbst ins Land zu fliegen. Außerdem lohnt sich die Teilnahme an geförderten BMWi-Veranstaltungen: Die vermittelten Kontakte und Informationen machen den Einstieg in das Thema einfacher. Einen Markteintritt zu planen ist ein unglaublich komplexes Thema und nicht immer sind die nächsten Schritte offensichtlich. Informationsveranstaltungen und gute Partner sind da eine große Hilfe.

Das Interview führte Viktoria Landers vom IHK-Netzwerkbüro Afrika im Juni 2021. 

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