Technologie von SOWIT im Einsatz

Vor dem Hintergrund des Klimawandels, einer stark wachsenden Bevölkerung und geopolitischen Krisen muss die Landwirtschaft Afrikas ertragreicher, widerstandsfähiger und nachhaltiger werden. Digitale Lösungen können hierbei entscheidend sein. Ursprünglich in Frankreich von zwei Marokkanern gegründet und mittlerweile in Marokko beheimatet, ist das Start-up SOWIT in mehreren Ländern Afrikas aktiv. Im Interview schildert Gründer Hamza Rkha Chaham, welche Herausforderungen der Agrarsektor bietet und was deutsche Unternehmen beachten sollten. 

Holistische Lösungen gefragt

Herr Chaham, wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?

Hamza Rkha Chaham SOWIT Hamza Rkha Chaham

Ich war auf der Suche nach Unterstützungsprogrammen für Start-ups und Scale-ups in Marokko und hatte Engagement Global angeschrieben. So bin ich auf Ihren Artikel zum Agrarsektor gestoßen.

Erzählen Sie uns etwas zu Ihrem Start-up SOWIT.

Wir haben eine holistische Lösung für die Landwirtschaft entwickelt, die auf IoT und KI basiert. Konkret bieten wir Sensoren an, mit denen Landwirte verschiedene Daten sammeln können und stellen die Plattform zur Verfügung, die es den Landwirten erlaubt, beispielsweise ihr Bewässerungssystem zu verbessern und ihren Energiebedarf zu senken. Dazu haben wir zusätzlich eine App entwickelt, in der die entsprechenden Sensordaten, sofern der Landwirt sie einsetzt, mit einfließen.

Über die App bieten wir auch weitere Dinge an, die nicht sensorbasiert sind. Zum Beispiel können sich Landwirte mit Hilfe von Satellitenbildern die Trockenheit ihrer landwirtschaftlichen Fläche bestimmen lassen.

Wer sind denn Ihre Kunden?

In der Regel sind es größere Landwirte mit mehr als 20 Hektar. Das hängt zum einen mit den Kosten zusammen. Der Landwirt kann die Technologie inklusive der Betreuung, die durch uns bereit gestellt wird, für eine jährliche Nutzungsgebühr mieten. Ein zweiter Faktor, warum wir eher mit größeren landwirtschaftlichen Betrieben zusammenarbeiten, ist, dass der Bildungshintergrund ein anderer und die Affinität zu digitalen Technologien deutlich höher als in Klein- und Kleinstbetrieben ist.

Sind Sie in Projekten der Entwicklungszusammenarbeit aktiv?

Ja, wir arbeiten unter anderem eng mit der Weltbank beziehungsweise IFC zusammen, um die Produktivität von Landwirten in Afrika deutlich zu steigern und sind auch stetig bestrebt, uns an Projekten der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zu beteiligen. Das Engagement von Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit sowie von privaten Akteuren ist elementar, da trotz seiner hohen ökonomischen Bedeutung immer noch ein unterdurchschnittlicher Anteil aller investierten Mittel in den Landwirtschaftssektor Afrikas fließt. Dabei ist gerade der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für Landwirte aller Größenordnungen unerlässlich, um ihre Produktivität zu steigern.

Sie sind mit Ihrem Smart Aggregation-Projekt TAKAMOUL im Weizenanbau in Marokko tätig. Fahren Sie dort eine andere Strategie als mit Ihren Sensorlösungen?

Ja. Mit TAKAMOUL bieten wir eine Lösung aus einer Hand insbesondere für mittelgroße Weizenanbauer in Marokko an, da wir - wie bereits angesprochen - bemerkt haben, dass wir mit unseren Sensorlösungen eher größere Landwirte erreichen können. Der von uns anvisierten Gruppe an Landwirten reicht es dabei nicht, nur Zugang zu Daten zu erhalten. Sie müssen auch in die Lage versetzt werden, konkrete Rückschlüsse aus diesen Daten ziehen zu können. Wir beliefern die Kunden unseres TAKAMOUL-Programms zudem unter anderem mit Saatgut und Düngemittel. Außerdem stellen wir sicher, dass unsere Kunden Zugang zu Finanzierung und Absatzmärkten erhalten.

Viele Chancen in Subsahara-Afrika

Haben Sie schon konkrete neue Märkte im Blick?

Ostafrika ist für viele Anbieter interessant, aber hier sind bereits viele Start-ups im Bereich Sensorlösung und Smart Aggregation aktiv. Daher gibt es dort eine viel größere Konkurrenzlandschaft. Dazu muss man wissen, dass die meisten Landwirte in Marokko Flächen von unter 5 Hektar bewirtschaften. Ein Teil von diesen Landwirten bewirtschaftet die Flächen auch nur von Zeit zu Zeit. Das ist im Senegal, wo wir bereits mit unseren Sensorlösungen aktiv sind, und anderen weniger entwickelten Ländern in Subsahara-Afrika ganz anders. Hier sind kleine Landwirte vollständig auf das Einkommen aus ihren landwirtschaftlichen Betrieben angewiesen und besitzen viel weniger die Möglichkeit, auch außerhalb des Agrarsektors Einkommen zu generieren. 

In Subsahara-Afrika ist es nochmal viel entscheidender, alles komplett aus einer Hand anzubieten, also Finanzierung, Aus- und Weiterbildung, Datenzugang etc, was wir mit unserer Smart Aggregation-Lösung TAKAMOUL bereits in Marokko tun. Da sehen wir viele Chancen für uns. 

Finden Sie eigentlich gute Mitarbeiter?

Für uns sind zwei Bereiche besonders wichtig: Software Developer und der Vertrieb. Bei letzterem achten wir darauf, hier insbesondere Personen zu rekrutieren, die eng verwurzelt sind in ihren jeweiligen Gegenden und somit einen direkten Zugang zu Landwirten besitzen. Hier haben wir gute Erfahrungen gemacht. Schwieriger ist es bei den Software-Entwicklern - sowohl was die Ausbildung als auch die Berufserfahrung angeht. 

Wird denn bisher nur in Marokko programmiert?

Ja, die Bereitstellung des fertigen Produktes und das Onboarding passiert in Marokko. 

Das Thema Finanzierung haben Sie schon angesprochen…

Ja, Banken haben eine große Skepsis, was ein Engagement im Agrarsektor betrifft. Das gilt für Marokko, aber noch deutlich mehr für Subsahara-Afrika. 

Zu guter Letzt: Was ist für den erfolgreichen Markteinstieg in Marokko besonders wichtig?

Persönliche Kontakte sind in Marokko deutlich wichtiger als in Deutschland. Unternehmen sind hier auch deutlich offener in Bezug auf mögliche Kooperationen. Generell muss man natürlich eine Offenheit gegenüber neuen Märkten mitbringen. Die Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner halte ich für unerlässlich. 

Das Interview führte Samira Akrach von Germany Trade & Invest im Oktober 2025.

Weitere Informationen