Deutsche Unternehmen können von Kooperationen mit afrikanischen Gründern profitieren
Wachstum, Innovation und Kooperation: Das können Start-ups in den Märkten Afrikas finden. Auf dem Weg dorthin gibt es inzwischen vielfältige Angebote zur Begleitung. Öffentliche und private Initiativen, internationale und lokale Investoren und Akzeleratoren. Der Kontinent bietet aber viel mehr als Geschäftschancen. Start-ups und auch Industrieunternehmen können von Lösungen, Kompetenzen und Talenten profitieren.
Africa Business Guide | KUK Filmproduktion GmbH
Afrika ist innovativ
Afrika hat in vielen Bereichen sein Potenzial noch nicht voll entfaltet. Das gilt auch für Digitalwirtschaft und Start-ups. Zugang zu Elektrizität, Mobilität und Finanzdienstleistungen sind vielerorts nach wie vor herausfordernd. Start-ups finden Lösungen, mit denen immer größere Teile der Bevölkerung am formellen Wirtschaftsleben teilnehmen. Davon können wiederum klassische Anbieter mittelfristig profitieren.
Meike Netz
Meike Netz
Innovative Lösungen, zunehmende digitale Kompetenz und Tech-Talente, die Freiräume nutzen – damit wächst die Startup-Szene in Afrika. Deutsche Unternehmen können daran teilhaben, und gemeinsam entwickeln, investieren und wachsen. Damit schließen sie Märkte, die lange übersehen wurden.
Meike Neitz, Gründerin von embassidy und Ambassador der de:hub Initiative für Afrika
Investitionen in afrikanische Start-ups steigen
Ob Lagos, Nairobi, Johannesburg oder Kigali - in vielen afrikanischen Städten entwickelt sich die Gründerszene dynamisch. Gleichzeitig fließt immer mehr Risikokapital in Start-ups auf dem afrikanischen Kontinent.
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Mehr als 3,2 Milliarden US$ investierten internationale Geldgeber 2024 in afrikanische Start-ups.
Betrug das Finanzierungsvolumen im Jahr 2017 noch 560 Millionen US-Dollar, investierten internationale Geldgeber 2024 mehr als 3 Milliarden US-Dollar, so die Berechnungen der Investitionsplattform Partech. Nach starken Rückgängen in den Vorjahren stabilisierte sich das Investitionsvolumen, was den globalen Trend widerspiegelt. Mehr noch: Für 2025 deutet sich nach ersten Meldungen ein starker Anstieg um 80 Prozent an.
Viele Regierungen auf dem Kontinent unterstützen die Entwicklung und tun einiges, um die Rahmenbedingungen für Existenzgründungen zu verbessern, indem sie zum Beispiel Start-up-Gesetze erlassen. Denn die Jungunternehmer leisten einen wichtigen Beitrag zu mehr wirtschaftlichem Erfolg. In vielen Regionen fehlen die Voraussetzungen für eine breite industrielle Entwicklung. Hier helfen Start-ups, indem sie die Bevölkerung über mobile und digitale Angebote in den formellen Wirtschaftskreislauf aufnehmen.
Damit steigt die Wertschöpfung, es gibt bessere Beschäftigungsmöglichkeiten für die junge Bevölkerung, und auch Industrieunternehmen finden einen besseren Zugang zu den Märkten.
Start-up Hotspots in Afrika
Wichtig ist es, genau hinzusehen und zwischen einzelnen Regionen und Ländern zu differenzieren. Die Start-up-Szene ist ganz unterschiedlich aufgestellt, bedient verschiedene Märkte und Branchen. Besonders hoch im Kurs stehen Nigeria, Kenia, Ägypten und Südafrika. Auf diese vier Länder entfielen 2020 laut Angaben des Subsahara-Afrika-Blogs der IHK Neuss rund 80 Prozent des gesamten Investitionsvolumens in Start-ups. Aber auch Ghana könnte zu diesen Start-up Hotspots aufschließen.
Fünf Fact Sheets des AfricaBerlin Networks geben eine Übersicht zu ausgewählten Start-up-Ökosystemen in Afrika (auf Englisch). Start-up Market Access Summaries: Ägypten | Ghana | Kenia | Südafrika
Die meisten finanziellen Mittel fließen dabei in FinTech-Unternehmen. Digitale Finanzdienstleistungen sind in Afrika erfolgreich, weil die Menschen dort sonst kaum Zugang zu ihnen haben und nur wenige einen klassischen Bankaccount besitzen. Inzwischen ist in sieben afrikanischen Ländern "Mobile Money" möglich, das Bezahlen mit dem Mobiltelefon.
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9 Unicorns gibt es in Afrika - 8 davon im Finanzbereich.
Weitere FinTech-Angebote sind auf dem Vormarsch: So können Nutzer etwa Mikrokredite oder Versicherungen per Handy komplett digital abwickeln. Gerade in ländlichen Regionen profitieren Menschen von diesen Services. Insgesamt gibt es auf dem afrikanischen Kontinent sieben "Unicorns" – also Startups, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind. Fünf davon sind im Finanzbereich aktiv.
Neben den FinTechs sind in Afrika Start-ups erfolgreich, die wirtschaftliche Schlüsselsektoren digitalisieren, etwa AgrarTech, Logistik und Mobilität, Off-Grid-Lösungen und HealthTech. Das Start-up Clinic Agro in Kamerun hat beispielsweise eine App entwickelt, die Landwirte bei der Bodenanalyse unterstützt. Mithilfe eines Messgeräts können die Landwirte den pH-Wert des Bodens bestimmen oder Pflanzen auf Krankheiten prüfen. Anschließend empfiehlt die App, welche Gewächse auf dem Boden gut gedeihen oder welche Pflanzenschutzmittel benötigt werden.
Die Start-up-App AgriShare vernetzt Kleinbauern in Simbabwe und Uganda, um Maschinen oder Dienstleistungen zu teilen. Das Projekt der Welthungerhilfe trägt so dazu bei, die Produktivität der Kleinbauern zu verbessern und ihr Einkommen zu steigern.
Vernetzte Start-ups Ökosysteme
Gute Ökosysteme für Start-ups in Afrika bieten stabile politische und rechtliche Rahmenbedingungen sowie die Nähe zu Einrichtungen und Institutionen, die Innovationen aktiv fördern. Dazu zählen Universitäten und Forschungseinrichtungen, Co-Working-Spaces, Venture-Capital Investoren oder internationale und nationale Konzerne.
Der Blink Global Startup Ecosystem Index 2021 wertet für sein weltweites Ranking die Daten von rund 100 Regierungsbehörden aus. Innerhalb Afrikas liegt die nigerianische Metropole Lagos vorne. Aus Nigeria kommen gleich zwei "Unicorns" - der Onlinehandel Jumia und das FinTech Interswitch.
Mit Platz 122 findet sich die nigerianische Metropole direkt hinter Sofia und noch vor Kyoto und Köln. Weitere Plätze im Ranking belegen Nairobi (Kenia) mit Rang 136 sowie Kapstadt und Johannesburg (Südafrika) auf den Plätzen 145 bzw. 152, gefolgt von Kairo (Ägypten) auf Platz 180 und Kigali (Ruanda) auf Platz 265.
All diese Start-up-Hotspots bieten gute Netzwerke für junge Unternehmen. So punktet Nairobi mit der Nähe zu University of Nairobi und als Standort von IBM, Intel und Microsoft. Kapstadt bietet die Stellenbosch University, die University of Cape Town und Tech-Unternehmen wie Amazon Südafrika, Thawte, Naspers, Entersekt, PayFast und Snapscan.
Im Westen Afrikas gilt Ghanas Hauptstadt Accra schon seit einigen Jahren als Paradies der Technologiebranche und zieht sogar Interessenten aus dem Silicon Valley an. Auch Senegal setzt viel daran, von den Innovationen der Jungunternehmer zu profitieren und Kapital anzulocken. Dafür hat der westafrikanische Staat im Jahr 2019 ein Start-up-Gesetz verabschiedet. Darin enthalten: schlankere Bürokratie und Steuervergünstigungen.
Geschäftschancen für deutsche Gründer
Der afrikanische Kontinent kann gleichzeitig für deutsche Jungunternehmen ein interessanter Absatzmarkt sein. Das Berliner Start-up solarworx hat diese Chance erkannt. Das junge Unternehmen verkauft seine Off-Grid-Solaranlagen inzwischen in 16 afrikanischen Ländern, mit Teams in Deutschland und in Afrika. Die ersten Anlagen lieferte das Unternehmen nach Kamerun und in den Senegal. Die Anlagen funktionieren unabhängig vom Stromnetz und wandeln Sonnenenergie in Strom um.
Thomas Bayer
Thomas Bayer
Startups treiben die Innovationsdynamik in vielen afrikanischen Märkten an. Sie können für deutsche Mittelständler und Startups mit internationaler Ausrichtung ideale Kooperations-Partner für einen erfolgreichen Markteinstieg sein.
Prof. Dr. Thomas Bayer, Direktor des Afrika-Instituts der Hochschule Neu-Ulm
Die Nachfrage nach Boldts Solaranlagen dürfte in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Der Strombedarf steigt und bis zum Jahr 2050 sollen Hochrechnungen zufolge knapp zwei Milliarden Menschen in Afrika leben. Sie brauchen aber nicht nur Strom, sondern auch intelligente Lösungen in vielen anderen Bereichen, etwa in der Wasserversorgung oder in der Landwirtschaft.
Ein Beispiel ist Boreal Light aus Berlin. Das Unternehmen hat eine solarbetriebene Wasseraufbereitungsanlage entwickelt. Sie fördert Brackwasser oder Salzwasser aus den vorhandenen Quellen und filtert es zu Trinkwasser. Das übrige salzhaltige Wasser wird kostenfrei für Duschen oder Toiletten abgegeben oder auch in der Landwirtschaft und Fischzucht verwendet.
In vielen Branchen, Sektoren und Ländern auf dem afrikanischen Kontinent können deutsche Start-ups sehr viel bewegen. Sie tragen mit ihren Innovationen zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort bei. Davon profitieren auch deutsche Mittelständler und Familienunternehmen, die in Afrika aktiv sind. Sie bekommen etwa besseren Zugang zu einer stabilen Energie- und Wasserversorgung oder zu Finanz- und Logistikdienstleistungen. Auf dieser Basis können sie Lieferketten weiter ausbauen oder neue Geschäftsmodelle etablieren. Wenn Traditionsunternehmen und Start-ups zusammen neue Wege gehen, ermöglichen sie wirtschaftlichen Fortschritt für den gesamten Kontinent.
Mit dem Programm develoPPP.ventures fördert das BMZ Start-ups in Afrika. Nach Kenia wird das Programm nun auch auf Ghana, Nigeria und Tansania ausgeweitet.
Das IPD unterstützt europäische Unternehmen beim Sourcing und Einkauf zahlreicher Produkte und Dienstleistungen - auch im Bereich IT und Digitale Produkte.
Die Community-Plattform StArfrica vernetzt deutsche und afrikanische Startups mit Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Investoren und weiteren Akteuren.
Äthiopien hat unter ausländischen Investoren einen eher zweifelhaften Ruf. Auch Start-ups tun sich schwer mit dem rigiden Geschäftsumfeld in dem ostafrikanischen Land.
StartHub Africa bietet in Uganda, Tansania und Kenia Entrepreneurship-Programme für Studierende an. Außerdem berät StartHub Africa Unternehmen und entwickelt neue Produkte.
Waya Collective bedient mit lokal gefertigter Mode die ugandische Mittelschicht - und nimmt bereits weitere Märkte in Ostafrika in den Blick, berichtet Gründerin Antonia Lorenz.
Das Accelerator-Programm Chapter54 hilft europäischen Start-ups beim Einstieg in afrikanische Märkte. Auch Unternehmen aus Deutschland haben das Angebot bereits genutzt.
Der Start-up-Sektor in Ägypten zieht Investoren an. Dina El-Fouly erklärt, wie sie mit ihrem Fintech Neqabty Gewerkschaftsdienste digitalisiert, und spricht über Expansionspläne.
Das Fintech BFREE hat sich in Nigeria auf digitales Forderungsmanagement für Banken spezialisiert. Die KI ist dabei erfolgreicher als Mahnungen per SMS oder Anruf.
Das Berliner Startup GRIPS Energy bietet kleinen und mittleren Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern vorfinanzierte Lösungen zur Nutzung erneuerbarer Energien.
Mit seinen „WasserKiosken“ ist das Berliner Startup Boreal Light in vielen afrikanischen Ländern erfolgreich. Geschäftsführer Dr. Hamed Beheshti erläutert sein Geschäftsmodell.