Walkie-Talkies und Funksysteme für den afrikanischen Markt

GRS ist Spezialist für professionelle Kommunikationssysteme per Funktechnik.

Global Radio System ist ein Beispiel dafür, wie das Abenteuer Afrika mit wenigen Mitteln starten kann. Notgedrungen, denn mit bislang 15 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von unter einer Million Euro muss sich der spanische Anbieter von Walkie-Talkie-basierten Kommunikationslösungen nach den Möglichkeiten richten.

Selbst zu Reisen auf den Nachbarkontinent hat es bisher nicht gereicht. Das erst 2017 gegründete Unternehmen erzielt bislang 80 Prozent seiner Verkäufe in Spanien und den Rest im Ausland. Künftig jedoch soll das Verhältnis umgekehrt sein, mit Exporten als dem Motor einer ehrgeizigen Wachstumsstrategie der Firma aus Sevilla. Was Afrika damit zu tun hat, erklärt Geschäftsführer Pedro Roldán.

Meist Not- und Sicherheitsdienste als Kunden

Pedro Roldán, Geschäftsführer Global Radio System Pedro Roldán, Geschäftsführer Global Radio System

Herr Roldán, können Sie uns kurz Ihr Geschäftsmodell erklären?

Wir bieten einen Komplettservice der professionellen Kommunikation per Funktechnik an: Unser Kunde erhält Endgeräte, die er dann auf Basis der Funkinfrastruktur nutzen kann, die bei ihm im Land vorhanden ist. Er schließt dafür mit uns einen Servicevertrag auf Zeit ab und muss nicht selbst investieren. Wir sorgen für eine 24/7-Betreuung, aktualisieren die Software sowie warten und reparieren gegebenenfalls die Walkie-Talkies. Die Geräte werden in Asien produziert, wir entwerfen aber ihr Design und statten sie mit unserer eigenen Software aus. 

Wer sind Ihre Kunden und sind die nicht bereits mit entsprechender Technik ausgestattet?

Bisher beliefern wir hauptsächlich die Sicherheitsbranche, wir zielen aber auch ab auf Industrie, Logistik sowie Not- und Rettungsdienste. Natürlich haben unsere jetzigen Kunden bereits zuvor kommuniziert, mit anderen Walkie-Talkie-Systemen oder aber mit der Mobiltelefonie. 

Was sind die Vorteile Ihres Systems gegenüber der Mobiltelefonie und anderen Funksystemen?

Bei Notfällen will jeder jemanden anrufen, und das Handynetz ist schnell überlastet. Unser System hingegen hat deutlich größere Kapazitäten, weil es – je nach Land – die vorhandenen Mobilfunknetze aller technischen Ausbaustufen nutzt, außerdem aber auch spezielle Netze. Wir sind dabei immer vor Ort, weil wir weltweit Vereinbarungen mit ca. 200 Netzbetreibern haben. Außerdem ist die Notfallkommunikation per Walkie-Talkie einfacher und schneller. Sie müssen dazu nur einen Knopf drücken und können, wenn Sie wollen, per Druck eines anderen Knopfes auch noch etwas sagen. Das Handy muss erst entsperrt werden etc. 

Andere spanische Firmen in Afrika bringen Kontakte

Mit welchen Partnern gehen Sie afrikanische Märkte an?

Wir setzen auf Vertriebsverträge mit dort ansässigen Firmen aus unseren Zielbranchen, die den Markt kennen und den Kundendienst übernehmen. Geholfen haben uns dabei bisher spanische Unternehmen in den Zielmärkten sowie, in Spanien selbst, Unternehmen anderer Branchen und sonstige Kontakte mit Verbindungen nach Afrika. Unterstützung bekamen wir auch von zuständigen Behörden und Verbänden auf nationaler und regionaler Ebene. Dazu zählen spanische Botschaften, die Exporteursvereinigung (Club de Exportadores e Inversores) sowie die Export-Förderagenturen Spaniens (Icex) und Andalusiens (Extenda). Wir planen aber, in ein paar Monaten erstmals auch selbst nach Afrika zu reisen. 

Wie weit sind Sie in Afrika schon gekommen?

In Côte d'Ivoire hat ein einheimisches Unternehmen bereits eine erste Sendung von Geräten fest bestellt. Mosambik war unsere erste internationale Erfahrung überhaupt: Dort stehen wir mit einem Endkunden kurz vor Vertragsabschluss, und zwei potenzielle Klienten haben unsere Technik in der Erprobung. Geholfen hat uns dabei ein großes Branchenunternehmen in Mosambik. In Äquatorialguinea kooperieren wir mit einem spanischen, im Land etablierten Vertriebsunternehmen; aufgrund der kolonialen Vergangenheit sind spanische Firmen dort ja relativ gut vertreten. In Marokko, Ghana, Kenia und Äthiopien verhandeln wir mit potenziellen Vertriebspartnern.

Anfragen aus Afrika zeigen Wachstumspotenzial auf

Sie setzen offenbar auf Afrika – wie kommt das?

Ursprünglich hatten wir den Kontinent gar nicht auf dem Schirm. Dann aber kamen von dort immer wieder Anfragen. Die meisten der oben genannten Aktivitäten dort basieren gar nicht auf unserer Initiative, wir reagierten also immer nur. Mit der Zeit wurde uns klar, dass Afrika für uns ein wichtiger Markt werden könnte und die Wachstumschance schlechthin. Die Wirtschaft dort wächst insgesamt schnell und kontinuierlich, und die Länder öffnen sich. Wir finden, die europäischen Unternehmen sollten die sich ergebenden Chancen vor der eigenen Haustür nutzen und nicht zum Beispiel den Asiaten überlassen. Außerdem können wir zur Nachhaltigkeit beitragen, die doch alle fordern: Unsere Technik basiert auf bestehenden Infrastrukturen, es braucht dafür keine neuen Sendemasten oder Funkfrequenzen, um schnell, sicher und stabil kommunizieren zu können. Afrika ist der drahtlose Kontinent, genau wie unsere Lösung.

Haben Sie inzwischen eine Strategie für den Kontinent?

Mittelfristig würden wir uns gerne selbst in strategischen afrikanischen Märkten niederlassen, um aus größerer Nähe die Entwicklung zu steuern. Dabei zählen wir auch auf die großen spanischen Bauunternehmen und anderen Infrastrukturkonzerne, die in Afrika aktiv sind und, im Rahmen von Verbänden, spanischen KMUs Unterstützung bieten. Die Programme von Vereinten Nationen, Interafrikanischer Entwicklungsbank und anderen multilateralen Organisationen sind sicherlich ebenfalls Beachtung wert. 

Weitere Informationen

 Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im April 2021.

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