Containerschiff im South Port Container Terminal in Port Sudan

Häfen bringen Devisen, Arbeitsplätze und Prestige.

HPC Hamburg Port Consulting sieht sich als weltweit führendes Unternehmen der Hafen- und Transportberatung. Mit rund 100 Angestellten ist die Tochter des Hamburger Hafenbetreibers HHLA unter anderem in Afrika tätig. Dort unterstützt die Firma vor allem Behörden und sorgt dafür, dass Häfen gut geplant sind und funktionieren.  

Im Interview berichten Lars Greiner und Christina Prieser vom Run auf Afrikas Häfen, vom globalen Wettbewerb in der Logistikbranche und warum die Deutschen sich nicht immer gegen die Konkurrenz durchsetzen können. 

Ausländische Investoren mit eigener Agenda

Frau Prieser, Herr Greiner, was tut sich bei Afrikas Häfen?

Portraitfoto: Lars Greiner, HPC Hamburg Port Consulting HPC Hamburg Port Consulting Portraitfoto: Lars Greiner, HPC Hamburg Port Consulting

Eine ganze Menge. Global wandelt sich unsere Branche gerade radikal, Stichwort "Supply Chain Integration" - Logistikunternehmen wie Amazon wollen jetzt die ganze Lieferkette abdecken. Afrika ist dabei so etwas wie der letzte unentdeckte Kontinent, auf den sich jetzt alle stürzen. Bei der Privatisierung von Teilen des südafrikanischen Hafens Durban bewerben sich gerade die weltgrößten Hafenbetreiber und Reedereien. 

Wer steckt hinter Neubauprojekten?

Das Geld kommt selten von den betroffenen Staaten selbst.  Oft kommt es aus dem arabischen Raum, China, von internationalen Geberorganisationen sowie von Venture Capital Fonds und anderen privaten Finanzierern, die besonders dynamisch investieren. Häufig sind die Finanzquellen nicht völlig klar. Es geht oftmals um strategische Interessen, die sich nicht unbedingt mit denen der betroffenen Länder decken. 

In Guinea-Bissau schlugen Chinesen zum Beispiel den Bau eines Hafens vor, der auf Westafrika ausgerichtet ist und jährlich 2,5 Millionen Container umschlagen sollte. Das entspricht zwei Dritteln der Kapazität von Durban, dem zweitgrößten Containerhafen Afrikas. Die Riesenanlage sollte neben einem kleinen Dorf entstehen, ohne Verbindung zum Hinterland. Für einen Kleinstaat, der mit seinen Nachbarländern weder infrastrukturell noch zollrechtlich integriert ist, ist dies wenig sinnvoll.

Wurde der Hafen gebaut?

Portraitfoto: Christina Prieser, HPC Hamburg Port Consulting HPC Hamburg Port Consulting Portraitfoto: Christina Prieser, HPC Hamburg Port Consulting

Die Hafenbehörde kam auf uns zu und hat dann auf unsere Beratung hin ihr Projekt gestoppt. Unsere Expertise hilft Ländern oft, ihre Interessen gegenüber externen Parteien zu wahren. 

Haben auch afrikanische Regierungen selbst unrealistische Hafenpläne?

Häfen bringen Devisen, Arbeitsplätze und Prestige. Sie können ein ganzes Land voranbringen, so wie Jebel Ali die Vereinigten Arabischen Emirate ab den 80er-Jahren. Solche Leuchttürme befeuern auch die Fantasie von Politikern. Sie wollen dann ein "neues Jebel Ali" samt riesiger Industrie-Freizone oder einen Transshipment Hub, also ein zentrales Drehkreuz für die Umladung von Waren. Leider fehlen dafür häufig entscheidende Voraussetzungen. 

Manchmal werden auch Häfen ohne einen wirklichen Geschäftsplan gebaut. Der Hafen N’diago in Mauretanien wurde 2021 fertiggestellt, ist aber bisher ungenutzt. Um das zu ändern, schlossen wir kürzlich einen Vertrag mit den privaten Investoren des Hafens. In einer Vormachbarkeitsstudie ermitteln wir dort unter anderem, wie hoch der Investitionsbedarf für die infrastrukturelle Anbindung sein wird. 

Haben Sie ein anderes Beispiel für einen Auftrag in Afrika?

Der Hafen Port Sudan am Roten Meer funktionierte lange Jahre nicht besonders gut. Wir entwickelten einen Geschäftsplan, optimierten die Betriebsabläufe, führten ein Trainingssystem ein und digitalisierten das Containerterminal. Zudem erstellten wir hydrologische Untersuchungen und erarbeiteten die Ausschreibungen zur Beschaffung von Kränen. 

Deutsche Logistikunternehmen nur in der zweiten Reihe

Wie sind deutsche Firmen bei dem "Run auf Afrikas Häfen" aufgestellt?

Das Engagement deutscher Firmen könnte in Afrika durchaus mehr Sichtbarkeit vertragen. Reedereien steigen jetzt auch in Häfen ein, so wie Hapag Lloyd in den neuen Damietta Port am Suezkanal. Das ist ein herausragendes Beispiel für eine große deutsche Investition in einen afrikanischen Hafen. Den wahrnehmbaren Ton im Geschäft geben aber andere an. MSC zum Beispiel mit der geplanten Übernahme der Logistiksparte von Bolloré in Afrika. Man trifft heutzutage seltener deutsche Geschäftsleute im Hafengeschäft Afrikas als zum Beispiel vor 30 Jahren. 

Sie können sich in afrikanischen Märkten also auf kein deutsches Netzwerk stützen?

Ein Netzwerk ist durchaus vorhanden. Viele Vereine und auch die Auslandshandelskammern leisten hervorragende Arbeit vor Ort. Unter den Ingenieurdienstleistern gibt es einige starke deutsche Anbieter auch in Afrika. Wir kooperieren gut mit Sellhorn und Inros Lackner. Eine engere Verzahnung aller Akteure würde sicherlich Synergien schaffen. Aber auch in dieser Branche kommen die großen Anbieter aus Frankreich und anderen Ländern. 

Auftragsvergabe: Wenn Macron den Unterschied macht

Erhalten Sie politische Unterstützung aus der Heimat?

Dem Hafen Beirut in Libanon, für den wir seit über zwanzig Jahren arbeiten, präsentierten wir schon zwei Wochen nach der verheerenden Explosion im August 2020 ein Konzept für den Wiederaufbau. Deutschlands Regierung und Parlament bewilligten einstimmig die notwendigen zehn Millionen Euro. Trotzdem verschwand der Plan in der Schublade. Unter unseren deutschen Partnern war zwar das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, für die Franzosen jedoch kam Präsident Macron zu Besuch. Die großen Aufträge später gingen an französische Firmen. 

Politiker aus Frankreich oder auch den Niederlanden sagen grundsätzlich erst mal "ja", wenn es um die Unterstützung "ihrer" Firmen im Ausland geht. Die Norm bei uns hingegen ist viel, viel Vorsicht und Zurückhaltung. 

Das Hafengeschäft ist eng mit der Politik verwoben. Wie kommen Sie mit politischen Umstürzen zurecht?

Wir stellen uns darauf ein und halten uns grundsätzlich aus der Politik raus. In Port Sudan sind wir seit rund zwanzig Jahren tätig und haben erst nach dem Sturz des Diktators Omar Al Bashir Regierungskontakt gehabt. Mit der dortigen Sea Ports Corporation, der staatlichen Hafengesellschaft, kamen wir seinerzeit über einen sudanesischen Architekten in Deutschland ins Geschäft. Der hatte Kontakte und bleibt für uns ein wichtiger Ansprechpartner – bis heute. 

Haben Sie es nach Machtwechseln in Afrika häufig mit anderen Leuten in den Hafenverwaltungen zu tun?

Politisch motivierte Stellenbesetzungen sind in der Tat ein häufiges Phänomen, in den letzten Jahren zum Beispiel in Südafrika und Kenia. Es gibt aber immer wieder Fälle, wo die Posten doch an Fachleute gehen. In Kenia kehrten nach der letzten Präsidentschaftswahl gerade wieder die Experten zurück. Das erleichtert unsere Arbeit beträchtlich.

Wie gewinnen Sie in Afrika Kunden?

Man muss dort generell präsenter sein als anderswo. Wenn man sich nicht immer wieder bei potenziellen Kunden blicken lässt, haben die einen nicht auf dem Schirm. Sonst sind die Wege vielfältig. Wir empfangen im Jahr bestimmt 15 bis 20 Delegationen aus aller Welt. Die Leute sind stets beeindruckt, wenn sie das hochautomatisierte Container-Terminal Altenwerder unserer Muttergesellschaft HHLA sehen. Im Sommer empfingen wir zum Beispiel eine Gruppe aus Somaliland, wo gerade der Hafen Berbera ausgebaut wird

Bei Gefahr: Partner raten schon mal von einem Besuch ab

Sie arbeiten in Mogadischu und waren teils mit sechs Leuten in Port Sudan, wie halten Sie es mit der Sicherheit?

Vor einer Reise an gefährliche Orte beraten wir uns mit Kunden und Partnern am Zielort, in diesem Fall mit der Mogadishu Port Authority. Die riet uns aus Sicherheitsgründen zweimal von einem Besuch ab. Auch in Sudan zogen wir unsere Leute Ende 2021 auf einen Hinweis des Transportministeriums ab und erledigten den Rest des Auftrags später. 

Die deutschen Botschaften wissen gut über die Sicherheitslage Bescheid. Wir bauen also auf unser Netzwerk und natürlich auf die langjährige Erfahrung unserer Regionalverantwortlichen und Mitarbeiter. Außerdem absolvieren wir Sicherheitstrainings.

Wie gehen Unternehmen aus anderen Ländern mit der Sicherheit um?

Türkische Firmen sind in Somalia sehr präsent. Die bewegen sich viel freier als andere Ausländer. Die vielen türkischen Firmen dort unterstützen sich gegenseitig stark und nutzen auch eigene, professionelle Sicherheitsfirmen. Leider passieren trotzdem Dinge wie die Belagerung eines – übrigens türkischen – Hotels in Mogadischu im letzten August. 

Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im November 2022.

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