Das Länderprofil wurde zuletzt im Januar 2021 aktualisiert.
Tunesiens Wirtschaft ist stark auf Europa ausgerichtet. Viele europäische, auch deutsche Unternehmen produzieren hier. Dadurch ist die Industrie relativ diversifiziert. Mittelfristig sind Absatzmärkte auf dem afrikanischen Kontinent im Visier. Durch die Coronakrise könnte Nearshoring (Verlagerung betrieblicher Aktivitäten ins nahegelegene Ausland) der Europäischen Union ein potenzielles Thema für den etablierten Standort werden. Neben der geografischen Nähe sind das hohe Bildungsniveau, wettbewerbsfähige Löhne, eine im regionalen Kontext gute Infrastruktur und Institutionalisierung Pluspunkte des Landes.

Aktuelle Informationen zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf Tunesiens Wirtschaft finden Sie im Special von Germany Trade & Invest.
Daten und Fakten
![]() Der Africa Business Guide liefert Ihnen mit den TOP 10 der wichtigsten Wirtschaftsdaten einen ersten Länderüberblick zu Tunesien. © GTAI | Offizieller Name & Hauptstadt: Tunesische Republik, Tunis Geschäftssprache: Arabisch, Französisch Einwohner: 11,8 Millionen (2020*) Durchschnittsalter: Ø 30 Bevölkerungswachstum: 0,9% (2020)* Währung & Wechselkurs (Ø 2020): 1 Euro = 3,275 tD (Tunesischer Dinar ) BIP: 3.295 US-Dollar pro Kopf (2020)* BIP-Wachstum: -7,0% (2020)* Ausländische Direktinvestitionen: 29,5 Mrd. US-Dollar (2019) Wichtigste deutsche Einfuhrgüter 2019 (in % der Gesamteinfuhr)
Deutsche Ausfuhren: 1.452 Millionen Euro (2019) Wichtigste deutsche Ausfuhrgüter 2018 (in % der Gesamtausfuhr)
*vorläufige Angabe, Prognose/Schätzung |
Expertenstimme zu Tunesien
Peter Schmitz, GTAI-Korrespondent für Tunesien:

Afrika-Experte Peter Schmitz
© GTAI Rheinfoto
Deutsche Unternehmen sind seit langem in Tunesien aktiv und blieben auch in turbulenten Zeiten vor Ort. Dadurch genießen sie hohes Ansehen und Vertrauen. Bei Themen wie Energie, Umweltschutz, Arbeitsmarkt, Finanzierung, Digitalisierung oder Bürokratie gibt es Reform- und Handlungsbedarf. Das bringt Herausforderungen, aber auch Chancen für erneuerbare Energien, Recycling- und Wassertechnik. Weiterhin bietet Tunesien interessante Möglichkeiten, um IT-Dienstleistungen und Industrieproduktion aus Asien in das EU-Umfeld zurückzuverlagern.
SWOT-Analyse
Germany Trade & Invest beleuchtet Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken Tunesiens als Wirtschaftsstandort und gibt eine Orientierungshilfe.
S (Strengths | Stärken)
- Wettbewerbsfähiger Exportsektor
- Geografische Lage
- Viele Hochschulabsolventen, im Vergleich zu Europa günstige Löhne
- Relativ diversifizierte Industrie
- Internationale Geber stützen Tunesien
W (Weaknesses | Schwächen)
- Strukturelles Leistungsbilanzdefizit
- Langsame und unberechenbare Bürokratie
- Hohe Arbeitslosigkeit, führt zu Brain Drain
- Starkes regionales Entwicklungsgefälle
- Großer informeller Sektor
O (Opportunities | Chancen)
- Verlagerung von Produktion in EU-Peripherie
- IKT, erneuerbare Energien und Tourismus längst nicht ausgeschöpft
- Potenzieller Standort für Afrika-Geschäft
- Wachsender Reformdruck verbessert Geschäftsklima
T (Threats | Risiken)
- Dauerhafte Krise in Europa schwächt Nachfrage
- Soziale Spannungen
- Instabile Nachbarschaft (Algerien, Libyen)
- Zweite Welle von Corona würgt Tourismus und Industrie ab
Potenzialbranchen
Chemie | Zu Beginn des Jahres 2020 lief die Produktion von Phosphat gut. Proteste in Form von Blockaden und der Baustopp einer neuen Anlage versetzen der Branche jedoch einen Dämpfer. Die Pharmaindustrie gilt weiterhin als Hoffnungsträger und bietet Exportchancen in afrikanische und arabische Länder. |
Energiewirtschaft | Nach wie vor importiert Tunesien mehr als 50 Prozent seines Stroms. Der Anteil von Erneuerbaren am tunesischen Energiemix soll bis 2030 von 3 auf 30 Prozent steigen. Trotz der aktuell niedrigen Einkaufspreise für Energie, investiert das Land in eigene Kapazitäten, vor allem im Bereich Solar. |
Gesundheitswirtschaft | Tunesien verfügt über ein flächendeckendes Gesundheitssystem, das zu den besten des afrikanischen Kontinents gehört. Reformbedarf besteht hinsichtlich der Ausstattung in öffentlichen Kliniken sowie der Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals. Mit der Cité medicale de Kairouan entsteht auf 500 Hektar ein medizinisches Zentrum, das unter anderem eine Universität und einen Industriekomplex für Medizintechnik umfasst. |
Landwirtschaft | Der Agrarsektor kam vergleichsweise gut durch das Corona-Jahr 2020. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, sind Investitionen in den kommenden Jahren existenziell, nicht nur in die Bewässerung, sondern auch im Transportsektor und in die Bereiche Lagerung, Verarbeitung und Verpackung. |
Textil und Bekleidung | Nachdem es 2019 gute Aussichten für die Textilbranche gab, ist die Produktion im letzten Jahr um circa 20 Prozent zurückgegangen. Nach der Krise könnten einige Segmente profitieren, wenn Produktionen näher nach Europa verlagert werden sollten. Allerdings ist Tunesien stark von der Einfuhr von Vorprodukten abhängig. |
Wasser und Umwelt | Im Bereich Abfall gibt es großes Potenzial, um Abfälle zur Energieerzeugung zu nutzen. Mehr als Zweidrittel der Abfälle ist organisch. Bei Plastik wird nur etwa vier Prozent recycelt. Im Bereich Wasser gibt es einen hohen Investitionsbedarf. Die KfW finanziert beispielsweise eine Meerwasserentsalzungsanlage oder neue Kläranlagen in Tunesien. In der Landwirtschaft fallen 80 Prozent des Wasserverbrauchs an. Weitere Informationen zur Wasserwirtschaft bietet die Publikation Neue Märkte - Neue Chancen - Wassersektor in der MENA-Region. |
IT und Telekommunikation | Mit mehr als 100.000 Beschäftigten ist Tunesien ein etablierter IT-Standort. Zudem etabliert sich das Land als Start-up-Hub für die Region. E-Commerce und Digitalisierung profitieren auch in Pandemiezeiten. Wegen niedriger Gehälter wandern jährlich etwa 2.500 Informatiker ins Ausland ab. |
Der Branchencheck-Tunesien enthält weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen und Links zu ausführlichen Branchenberichten.
Marktzugang

Tunesien ist eines von zwölf afrikanischen Ländern der G20-Initiative Compact with Africa (CwA). Ziel ist es, die Bedingungen für private Investitionen in den Teilnehmerländern zu verbessern.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Den Zugang zum tunesischen Markt regelt Artikel 4 des Investitionsgesetzes. Danach gilt der Grundsatz der Investitionsfreiheit. Ein Dekret der Regierung aus dem Jahr 2018 enthält das Kleingedruckte. Denn es bestimmt, welche Aktivitäten einer behördlichen Genehmigung bedürfen. Ebenso lässt sich der Liste entnehmen, wo Ausländer nur mit tunesischen Partnern oder gar nicht investieren dürfen. Wie in vielen arabischen Staaten auch steht der Handel ausländischen Investoren nur eingeschränkt zur Verfügung. Hier zieht das tunesische Recht eine Beteiligungsgrenze in Höhe von 50 Prozent.
- Einen Überblick zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Ihr Tunesien-Geschäft gibt die GTAI-Publikation Recht Kompakt Tunesien.
- Die GTAI-Website informiert Sie über aktuelle Rechtsänderungen in Tunesien.
- Für die Suche nach einem Rechtsanwalt ist die Anwaltsliste der deutschen Botschaft in Tunis (PDF) hilfreich.
- Bei individuellen Anfragen unterstützen Sie die GTAI-Rechtsexperten.
Zoll- und Einfuhrregelungen
Bei der Einfuhr von Waren nach Tunesien sind eine Vielzahl von Vorschriften und Regelungen zu beachten. Die frühzeitige Information über Einfuhrverfahren, zu zahlende Abgaben und mögliche Verbote und Beschränkungen hilft, Verzögerungen an der Grenze und damit zusätzliche Kosten zu vermeiden.
- Einen Überblick über die wichtigsten Zoll- und Einfuhrregelungen gibt die GTAI-Publikation Zoll und Einfuhr kompakt - Tunesien.
- Auf der GTAI-Website finden Sie aktuelle Meldungen zu geänderten Zoll- und Einfuhrregelungen in Tunesien.
- Zudem beantworten die Zollexperten der GTAI Ihre Anfragen auch individuell.
Arbeitsmarkt und Löhne
In Tunesien variiert die Beschäftigungsquote je nach Region. Tendenziell ist die Lage an der Küste und im Norden des Landes besser, was auf die Tourismusbranche sowie die dort angesiedelte Industrie zurückzuführen ist. Bei der Vermittlung von Jobs spielen persönliche Kontakte eine größere Rolle als Personalagenturen. Arbeitslosigkeit betrifft vor allem junge Menschen, Akademiker und Frauen.
Aufgrund der relativ hohen Inflation müssen Gehälter fortwährend angepasst werden. 2018 und 2019 haben vor allem Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen gestreikt.
Einen detaillierten Überblick über die Lage am Arbeitsmarkt, Löhne und den arbeitsrechtlichen Rahmen in Tunesien gibt die GTAI-Publikation Lohn- und Lohnnebenkosten Tunesien.
Die Qualifizierung junger Fachkräfte, die sich am Bedarf der tunesischen Wirtschaft ausrichtet, ist eine der großen Herausforderungen des Landes. iMOVE: Training – Made in Germany bietet Informationen zum tunesischen Markt der Aus- und Weiterbildung und Chancen, die sich für deutsche Bildungsanbieter ergeben.
Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen
In Tunesien sind eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Geber aktiv. Die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank, Institutionen der Europäischen Union und andere stellen Finanzierung für Vorhaben der tunesischen Regierung bereit. Schwerpunkte der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit sind nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Verwaltungsreformen und Ressourcenschutz. Aus geberfinanzierten Vorhaben resultieren viele Aufträge, die ab gewissen Schwellenwerten international ausgeschrieben werden. Im Jahr 2018 waren dies in erster Linie Tender für den Einkauf von Consultingleistungen, gefolgt von den Themen Wasser und Abwasser sowie Anlagen- und Maschinenbau.
Bei Germany Trade & Invest finden Sie aktuelle
Unterstützung beim Markteinstieg
Das Wirtschaftsnetzwerk Afrika, das BMWi-Markterschließungsprogramm und weitere Institutionen der Außenwirtschaftsförderung bieten verschiedene Maßnahmen in ausgewählten Branchen an, um deutschen Unternehmen die Erschließung des Zielmarktes Tunesien zu erleichtern.
>> Aktuelle Veranstaltungen zum Zielmarkt Tunesien
Wasser und Umwelt
Das BMWi-Markterschließungsprogramm hat 2019 eine Geschäftsanbahnungsreise zum Thema Wasser- und Abwasserwirtschaft in Tunesien durchgeführt und dazu eine Zielmarktanalyse veröffentlicht.
Ein ausführliches Länderprofil zur Kreislauf- und Wasserwirtschaft in Tunesien haben German Retech Partnership e.V. und German Water Partnership e.V. im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) 2020 erstellt.
Sicherheitstechnologie
Das BMWi-Markterschließungsprogramm hat 2019 eine Geschäftsanbahnungsreise zum Thema Sicherheitstechnologie in Tunesien durchgeführt und dazu eine Zielmarktanalyse veröffentlicht.
Kontakte und weiterführende Links
Beratung für Ihr Tunesien-Geschäft
Ansprechpartner vor Ort
- Deutsch Tunesische Industrie- und Handelskammer
- Kompetenzzentrum für deutsche Exportfinanzierung an der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer
- Botschaft der Bundesrepublik Deutschland
- Landesbüro Tunesien der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
- KfW Entwicklungsbank
- DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Weiterführende Informationen
- GTAI Länderseite Tunesien
- Neue Märkte - Neue Chancen - Tunesien, 2020 (PDF)
- Euler Hermes Export- und UFK-Garantien: Informationen zur Deckungspraxis in Tunesien
- Investitionsgarantien des Bundes für Projekte in Tunesien
- Reise und Sicherheitshinweise vom Auswärtigen Amt für Tunesien
- Vertiefende Landesinformationen zu Tunesien auf dem Länder-Informationsportal-Portal
- Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V.