Afrikanische Frau im Beratungsgespräch mit zwei Männern.

Mit wiederaufbereiteten Tonerkartuschen und Dienstleistungen rund um Drucker hat German Imaging Technologies (GIT) seinen Umsatz in Kenia 2021 nahezu verdoppelt. Maßgeblich für den erfolgreichen Start der Niederlassung in Nairobi 2016 waren die richtigen Kontakte: Eine gute Anwältin, der passende Logistiker und ein engagierter Bürodienstleister. Für die Suche nach richtigen Partnern in Kenia streifte Geschäftsführer Sassan Dieter Khatib-Shahidi schon mal tagelang durch Bezirke voller Lagerhallen. Die Expertise von Beratern sieht der Jurist mit Doktortitel aus Konstanz eher kritisch.

Die richtigen Leute finden

Herr Khatib-Shahidi, wie sind Sie in Kenia erfolgreich in den Markt gekommen?

Sassan Dieter Khatib-Shahidi German Imaging Technologies (GIT) Sassan Dieter Khatib-Shahidi, GIT

Wir haben vor allem die richtigen Leute gefunden, an erster Stelle eine sehr gute Anwältin. Mit ihrer Hilfe haben wir die vielen Formalitäten für die Gründung der Niederlassung Kenia in drei Monaten abgewickelt. Experten in Nairobi hatten dafür ein Jahr oder eher mehr veranschlagt. Unsere Anwältin unterstützt uns bis heute mit wertvollen Tipps, die man gerade zu Beginn sehr gut gebrauchen kann.


Wie haben Sie diese Anwältin gefunden?

Ich informierte mich zuerst im Internet, ließ mir dann von der deutschen Auslandshandelskammer in Nairobi Listen geben und bekam den entscheidenden Tipp schließlich von Regus, einem großen Anbieter von flexiblen Büroraum. Die Suche war aufwändig, ich habe bestimmt mit zehn Anwälten persönlich gesprochen.

Was waren Ihre Auswahlkriterien?

Der Partner muss vor allem zur Firmengröße passen, Sie müssen für ihn auch als kleine Firma wichtig genug sein. Unsere Anwältin arbeitet in einer Kanzlei mit fünf Personen, die hängen sich für uns wirklich rein. Ich hatte auch die Deloittes und McKinseys besucht, aber für die sind Sie als kleines oder mittleres Unternehmen nur eine kleine Nummer. Die wollen erst mal 50.000 Dollar für eine „Beratung“ sehen und lassen Sie dann warten.

Büros auf Zeit anmieten

Sie bekamen den richtigen Tipp vom Bürovermittler, sind die auch wichtig?

Absolut, die vermieten ja an eine Vielzahl von Dienstleistern und können teils gut einschätzen, wer etwas taugt und wer nicht. Temporary Office Space oder Desk Sharing halte ich übrigens für die beste Option, wenn man in einem Land anfängt. Man mietet da erst mal ein kleines Büro für vielleicht ein Jahr. Wenn die Sache nicht läuft, kann man sich bei überschaubaren Kosten wieder zurückziehen, bei guter Entwicklung bucht man flexibel zu. Die längerfristige Anmietung eines Büros lohnt sich aus meiner Sicht erst ab einer Belegschaft von 30 Personen. Google macht dies meines Wissens weltweit so, längerfristig mieten die erst ab einer Belegschaft von 40 oder 50.

Wie wichtig war der Logistiker und wer hat Ihnen beim Start in Kenia außerdem geholfen?

Die Entrepreneurs‘ Organization (EO), ein globales Netzwerk von Unternehmern mit Zweigstellen auch in Kenia und Deutschland. Längerfristig war in Kenia aber vor allem der Logistiker wichtig. Der importiert alle unsere Produkte nach Kenia, lagert sie dort und liefert sie direkt an den Endkunden. Das ist unser Haupt-Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen internationalen Anbietern von wieder befüllten Kartuschen. Unsere Konkurrenten arbeiten über Zwischenhändler, wodurch sie hohe Kosten und wenig Kontrolle über das Geschäft haben.

Sie haben die Logistik angesichts der Herausforderungen dabei komplett ausgelagert?

Genau, an die Firma RSA aus Dubai, die wir in unserer Firmenzentrale dort bereits kannten. In den Emiraten ist das eine große Nummer in der Branche, deren Niederlassung in Kenia ist aber recht klein. Für uns die perfekte Mischung, ähnlich wie beim Anwaltsbüro. Wir können uns komplett auf sie verlassen, inzwischen unterzeichnet deren Buchhalter manche Papiere in meinem Namen.

Diebstahl verhindern

Welche Herausforderungen bietet Kenias Logistik denn?

In unserem Falle vor allem Diebstahl durch Mitarbeiter. Bei einem Monatsgehalt von 200 oder 300 Dollar ist ein 60 Dollar teurer Toner ziemlich wertvoll. Man muss also diverse Lager bewachen, Transporte beaufsichtigen und beim Umladen dabei sein – für alles braucht es vertrauenswürdiges Wachpersonal und eine gute Organisation. Das alles leistet unser Logistiker, und zwar rund um die Uhr. Er muss uns gegenüber auch bei Verlusten geradestehen. Unser Partner war nicht der billigste Anbieter, aber es lohnt sich; wir hatten in Kenia noch nie ein Problem mit Diebstahl.

Und wie haben Sie Ihre Lagerräume gefunden?

Wir planen unsere Tonerkartuschen künftig auch in Kenia abzufüllen. Dazu braucht man zunächst ein passendes Lager. Ich ging also in Nairobi in den Bezirk mit all den Hallen – und traf einen Messeveranstalter, der dort seine Ausstellungstechnik einlagert und Platz auch für unsere Güter hätte. Lage, Größe und Qualität des Lagers würden passen, wir könnten bei Bedarf auf die 40 Fahrer des Messemanns zurückgreifen und uns auch das Back Office teilen. Dieser Partner ist also eine ernsthafte Option für uns. Für diese Lagersuche brauchte ich nur drei Tage. Das reicht, um sich einen Eindruck über Partner und Angebote zu verschaffen.

Sauber bleiben!

Welche Tipps haben Sie von Ihrer Anwältin bekommen?

An erster Stelle: „Do not pay anyone.“ Bleib also sauber, egal, auch wenn Dir eine schnellere Bearbeitung des Antrags angeboten wird oder Du die Genehmigung grundsätzlich nur gegen Bakschisch bekommen sollst. Solche zwielichtigen Angebote kommen oft von „Beratern“, die ihre angeblichen Verbindungen zu Behörden zu Geld machen wollen. Wer darauf eingeht, kann die Erfolgsaussichten nicht einschätzen und im Zweifelsfall ja schlecht rechtlich gegen den Betrüger vorgehen.

Was passiert denn, wenn man mit etwas „Schmiermittel“ nachhilft, etwa um Steuern zu sparen?

Man schätzt, dass in Kenia nur gut ein Zehntel aller Unternehmen überhaupt Steuern bezahlen. Immer noch verbreitet ist eine Art Hit-and-Run-Strategie: Selbst manche großen Unternehmen existieren offiziell nur zwei oder drei Jahre – und werden dann immer wieder unter neuem Namen aufgemacht. Mit Blick auf nicht gezahlte Steuern handeln die Eigner mit den Behörden eine Freistellungsregelung aus. Die drücken dann beide Augen zu, wenn das Spiel, mit neuem Namen, von vorne beginnt.

Andererseits gilt: „Wenn du heute etwas drehst, kann dir das noch in 20 Jahren auf die Füße fallen“, so brachte es der Vertreter eines großen europäischen Anlagenbauers in Kenia mal auf den Punkt. Die dortigen Steuerbehörden zum Beispiel sind bekannt dafür, dass sie auch nach so langer Zeit noch nachweisen können, dass eine Firma durch überhöhte interne Preise ihren Gewinn klein gerechnet hat. Die Strafen sowie Nachzahlungen und Zinsen darauf reichen dann allemal für den Konkurs.

Weitere Informationen

Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im Juli 2022.

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